Weiterer Rücktritt

Regierungskrise in der Slowakei spitzt sich zu

Auslöser der Regierungskrise war die eigenmächtige Entscheidung des Premiers, eine Lieferung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V entgegenzunehmen.
Auslöser der Regierungskrise war die eigenmächtige Entscheidung des Premiers, eine Lieferung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V entgegenzunehmen.(c) APA/AFP/PETER LAZAR (PETER LAZAR)
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Der Arbeitsminister nahm Hut, die Justizministerin kündigte an zu gehen, wenn der umstrittene Premier nicht abdankt.

Die Regierungskrise in der Slowakei hat sich am Montag zugespitzt. Nach Gesundheitsminister Marek Krajci ist am Nachmittag auch Arbeitsminister Milan Krajniak zurückgetreten. Der Politiker der mitregierenden rechtspopulistischen Partei "Wir sind Familie" (Sme Rodina) bezeichnete seine Demission als Beitrag zu einer schnellstmöglichen Lösung der Koalitionskrise. Parteichef Boris Kollar schloss sich indes den Forderungen nach einem Rücktritt von Premier Igor Matovic nicht an.

Der Parlamentspräsident argumentierte, dass sich die Konflikte zwischen den vier Koalitionspartnern dann nur von der Regierung ins Parlament verlagern würden. Die Vorgänge in der Regierungskoalition kommentierte er scharf. "Der Zirkus geht weiter", sagte Kollar. Gesundheitsminister Krajci hatte am Freitag das Handtuch geworfen, damit aber keine Beruhigung der Krise erreicht. Zwei der vier Koalitionspartner fordern nämlich den Rücktritt des Regierungschefs, dem autoritärer Regierungsstil attestiert wird.

Unterdessen schaltete sich auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova in die Regierungskrise ein. Wie am Montagnachmittag bekannt wurde, setzte sie für Dienstag ein Treffen mit Matovic an. Dieses solle unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, hieß es. Ob Matovic dabei seinen Rücktritt anbieten wird, war unklar.

Er wollte allein über Sputnik V entscheiden

Auslöser der Regierungskrise war die eigenmächtige Entscheidung des Premiers, eine Lieferung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V entgegenzunehmen. Der Chef der größten Regierungspartei "Einfache Bürger" (Olano) hatte dabei gegen den erklärten Willen der Koalitionspartner gehandelt. Zusätzlich vergiftet wurde das Koalitionsklima durch Verbalangriffe von Matovic auf seinen Stellvertreter von der rechtsliberalen Partei SaS, Richard Sulik. Dieser forderte den EVP-Politiker am Montag ultimativ zum Rücktritt auf.

Den Rücktrittsforderungen an den Premier schloss sich auch die kleinste Koalitionspartei "Für die Menschen" (Za ludi) an. Die Koalitionskrise lasse sich nur durch einen Rücktritt von Matovic lösen, sagte Parteichefin Veronika Remisova am Montag. Es wäre auch hilfreich, wenn auch Vizepremier Sulik zurückträte, fügte sie hinzu. Justizministerin Maria Kolikova machte indes klar, dass sie nicht mehr mit dem umstrittenen populistischen Premier zusammenarbeiten möchte. "Wenn Igor Matovic sein Amt als Premier nicht aufgibt, verlasse ich die Regierung", sagte die Politikerin von "Za ludi".

Matovic zählt auch zu den Bündnispartnern von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Konflikt um die Impfstoffverteilung in Europa. Obwohl die Slowakei bereits mehr Impfdosen erhalten hat als ihr nach der Bevölkerung zustehen würden, unterzeichnete Matovic ein Schreiben von Kurz und vier weiteren EU-Regierungschefs an die EU-Spitze, in dem Gipfelberatungen zum Thema gefordert werden.

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