Motorräder 2021

Die Elefanten sind los

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Motorräder sind und bleiben ein Mobilitäts-Thema. Der Trend geht weiter in Richtung reisetaugliche Eisen. Die Mittelklasse belebt sich neu. Roller werden noch stärker.

Darüber, wer das Motorrad erfunden hat, lässt sich trefflich diskutieren. Halt derzeit nicht am Wirtshaus-Stammtisch, sondern tunlichst aus einer Zwei-Meter-Distanz, am ehesten unter freiem Himmel.

Etabliert hat sich die Ansicht, dass alles auf den Reitwagen, konstruiert 1885 von Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach, zurückzuführen ist. Auf jeden Fall war aber zuerst das Fahrrad da, das, ebenfalls seit 1885 als solches bezeichnet wird. Bis man, Ende des 19. Jahrhunderts, quasi einen Motor hineinhängte.

Viele, geradezu zahllose, Hersteller wagten sich seither an einspurige motorisierte Fortbewegungsmittel. Wenige sind heute noch präsent. Wie die einst heimische Marke Puch, deren Gründung aufs Jahr 1899 zurückgeht, unter deren Logo bis in die 1970er-Jahre Motorräder produziert wurden. Wobei die Hubraum-Obergrenze von 500 ccm Hubraum nur in einem Fall überschritten wurde, mit der 800er von 1936 (bis 1938).

Wobei man wiederum diskutieren kann: Ob alles unter 1000 Kubikmetern nicht eher doch in die Kategorie Moped fiele.

Alternative. Am Anfang war das Motorrad weniger ein Spaß-, Spiel- und Sportgerät, wie es das heutzutage weitgehend ist. Sondern eine wendige, auch geländegängige, vergleichsweise kostengünstige motorisierte Mobilitäts-Alternative. In turbulenten Epochen, in Kriegen und in den schwierigen Zeiten danach. Dass damit gleich seit den ersten Tagen auch Rennen gefahren wurden, liegt offenbar in der Wettbewerbsnatur des Menschen.

Mächtig Leistung. In mehr als hundert Jahren hat sich das Thema Motorrad weit verzweigt, in Haupt- und Nischensegmente. Mit einer Entwicklungsparallele zur Autowelt. Sind es dort die SUVs, die derzeit nach wie vor das Rennen machen, so sind es hier die Enduros. In allen Größenklassen. Vor allem aber im großvolumigen Bereich: Es scheint, als hätte sich die Super- und Hypersportler-Devise „schöner, schneller, stärker“ auf die Allterrain-Schiene „höher, stärker, universeller“ verlagert. Ducati ist mit der Multistrada V4 ein leistungsstarkes Beispiel. Mit 170 PS aus einem Vierzylinder-V-Aggregat – 1158 ccm – und vollgestopft mit Fahr- sowie Assistenz-Elektronik. Dicht auf den Fersen ist ihr die heimische Enduro-Ikone KTM Adventure in der gerade aktualisierten Top-Version: die 1290 Super Adventure S mit 160 und upgedateter Elektronik-Mitgift.

Mitspielen in diesen hohen Kreisen will jetzt auch Harley-Davidson. Mit der PanAmerica liefern die Amerikaner eine allein schon optisch mächtige Ansage. Samt 1250-ccm-V2, der 152 PS liefert. Sie sorgt in der rein japanisch-europäisch besetzten Königsklasse wieder für eine amerikanische Note, die XB12 Ulysses (ab 2006) der Tochtermarke Buell ist seit deren Auflösung im Jahr 2009 schon wieder passé. Auf jeden Fall hat sich der Reigen der Reiseriesen signifikant erweitert. Auch wenn die Yamaha XT 1200 Ténéré technikbedingt nicht mehr dabei sein kann, stehen die Neuen jetzt mit den Etablierten in der Elefantenrunde: Das sind, teils updgedatet, die BMW R 1250 GS, die Honda Africa Twin 1100, die Kawasaki Versys 1000, die Triumph Tiger 1200 und die Suzuki V-Strom 1100 – alle auf On- und Offroad-Abenteuer gerimmt, entweder serienmäßig oder optional inklusive umfassendem Reise-Outfit.

Dreizack. Körperlich wesentlich zarter, doch gar nicht klein wächst auch die Mittelklasse weiter. Neuzugänge sind das erste Derivat der Aprilia-Sportlerin RS 660, die Tuono mit 100 PS, und die brandneue Triumph Trident 660, mit 81 PS. Yamaha erfrischt die MT-Baureihe damit auch die 07 (73 PS). Und Honda aktualisierte die 650er-CB-Familie (95 PS). In diese Sparte fällt wiederum auch eine Abenteuerin: Die KTM 890 Adventure (105 PS), vormals eine 790er. Bei aller Hochbein-Herrlichkeit: Auch Sport ist nach wie vor in und gefragt. Doch dünnt sich die Vielfalt in der Top-Klasse weiter aus. Trotzdem setzt Suzuki die Geschichte des Fliegenden Falken mit der neuen Hayabusa fort. Mit 190 PS und modernen Zutaten wie LED-Licht und elektronischer Zähmung. Die Hochleistungs-Fahne hoch hält BMW mit der neuen M 1000 RR oder auch M RR, mit 212 PS auf Basis der S 1000 RR. Kawasaki verpasste der ZX-10 R Ninja (203 PS) ein Update und rückte die Front-Optik mit LED-Licht näher an die Kompressor-Kollegin H2. Auf der universelleren und leistungsseitig moderateren Seite angesiedelt ist die überarbeitete Ducati Super Sport, nunmehr mit 950-ccm-V2 und 110 PS.

Die Nackten. In der Riege der Nackten firmieren eine aufgefrischte CB1000R (145 PS), eine bärenstarke Triumph Speed Triple RS mit 180 PS und die zweite Generation der BMW S 1000 R (165 PS). Weiter die KTM 890 Duke (115 PS) und die verschärfte Yamaha MT-09 (119 PS). Keineswegs zu vergessen: die neue Ducati Monster – nunmehr mit Aluprofilrahmen statt des bisherigen Stahl-Gitterrohrgeflechts. Aus Gewichtsgründen. Mit 111 PS aus dem gleichen 950er-V2, wie ihn die kleine Multistrada hat.

Crossover ist auch in der Einspur-Welt ein Hit. Hier tritt, wieder einmal, Honda stark in Erscheinung. Die NCX-Familie, auch mit Direktschaltung zu haben, ist auf neuesten Stand gebracht (59 PS). Adaptiert wurde ebenfalls der Zwitter aus Enduro und Scooter, der X-ADV (59 PS).
Der schlägt eine Brücke zum noch umfangreicher gewordenen Roller-Portfolio der Flügel-Marke: Die Forza-Palette ist um eine 750er-Version (mit 58 PS) erweitert – und signifikant gestärkt. Gepusht wurde auch der Hubraum des Großradrollers SH in der 300er-Ausführung. Jetzt stehen knapp 350 Kubikzentimeter an (29 PS). Zum Scooter-Thema steuert auch die nunmehrige Vespa-Muttermarke Piaggio etwas bei: einen erneuerten Beverly, entweder als 300er oder als 400er. Die Roller-Ikonenmarke selbst feiert den 75. Geburtstag mit Sondereditionen der Primavera und der GTS. Weitere Variationen werden heuer wohl noch folgen.

Nach wie vor hat der Sektor der Schwereisen einen Stammplatz in den Modell-Portfolios. BMW ist wieder in diese Klasse zurückgekehrt. Rund fünfzehn Jahre nach dem Auslaufen der R 1200 C trumpfen die Bayern jetzt mit der R 18 auf. Der großvolumige Boxer produziert 91 PS. Von einem ganz anderen Gewichts- und Leistungsschlag ist die Ducati XDiavel 1260 mit ihren 162 PS. Nebst einem Update gibt's jetzt ein limitiertes Sondermodell aus einer konzerninternen Kooperation mit Lamborghini. Aber auch in diesem Segment redet Honda mehr als nur ein Wörtchen mit und macht sich mit einer neuen Rebel präsent. Die CMX 1100 – optional mit Doppelkupplungsgetriebe zu haben – hat den gleichen Antrieb wie die aktuelle Africa Twin, doch mit „nur“ 87 PS.

Mit Strom. Elektrifizierung ist, wie bei den Mehrspurigen, unter den Einspurigen ein Zukunftstrend. Ein Beispiel lieferte Vespa bereits, mit der Elettrica. Die Auswahl an strombetriebenen Geräten von etablierten Großserien-Herstellern sollte wachsen. Abgesehen vom US-Label Zero mit Streetfightern und Tourern sowie Harley-Davidson mit der LiveWire sind weitere E-Roller im Kommen.
BMW hat mit dem C 650 evolution bereits elektrische Präsenz gezeigt. Die Bayern präsentierten nun ein seriennahes Concept namens Definition CE 04, ein künftiger elektrisch betriebener City-Scooter. Auch die Automarke Seat macht sich mit dem eScooter 125 präsent. Und von Kawasaki hört man, dass ein Hybrid-Antriebssystem entwickelt wird, eines mit drei Fahrmodi, wovon einer rein elektrisch ist.

Ob feinschliff oder grundlagen:

Fahrtechnik ist Angesagt:

Man fährt immer dorthin, wohin man schaut. Das ist eins der Prinzipien der mechanischen Fortbewegung, und es gilt erst recht fürs Motorradfahren. Dieses Wissen kann in einer längeren Winterpause zwar nicht in Vergessenheit geraten, doch ein wenig in den Hintergrund treten. Weshalb sich auch als erfahren geltende Fahrer die Feststellung einhandeln können: „Du schaust falsch.“ Häufig kommt das im Zuge von Fahrtechniktrainings vor, etwa angesichts des – aufgemalten – Handlingkurses in einem der ÖAMTC-Fahrtechnikzentren, dem mit den besonders engen Kurvenradien. Da fragen sich nicht nur Piloten schwerer Groß-Eisen: „Wie soll ich da ums Eck kommen?“ Es geht, mit der richtigen Blick- und Drücktechnik, sogar flüssig. Und man kann trainieren, Laternenpfähle und Felsbrocken dicht am Wegrand oder Schotter und Splitt auf der Fahrbahn zu registrieren, aber nicht zu fixieren, um reagieren – ausweichen, bremsen – zu können.
Als Vorbereitung aufs „richtige“ Leben, auf heimische Alpenstraßen oder anderswo, was einem die momentane Situation gerade erlaubt, offeriert der Mobilitätsclub auch heuer wieder Fahrtechniktrainings für Einspurige (abgesehen von den Pflichteinheiten für Führerschein-Neulinge). Unter zeitgemäß distanzierten Kontaktbedingungen. Die Abstufungen der Kurse reichen vom saisonalen Warm-up für, siehe oben, fahrerfahrene Eisenreiter ebenso wie für Neueinsteiger. Eigene Einheiten gibt's speziell für Rollerfahrer. Ebenso angeboten werden Schnupper-, Auffrischungs- und Fortgeschrittenen-Termine in den Kategorien Enduro, Supermoto, Trial und Speed (Rennstrecke). Auch die Kür zum besten Motorradfahrer – kann natürlich auch eine Motorradfahrerin sein – des Jahres steht wieder auf dem Programm. Heuer zum achten Mal.

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