Über Schulden spricht man nicht

Die Länderschulden haben sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Wie das? Wir rätseln, und mangels Daten rätselt der Finanzminister mit.

Gott erhalte, Gott beschütze unsere Landeskaiser! Offenbar trifft die herrische Attitude, mit der sie die ministeriellen Spitzen der Demokratie zurechtzuweisen belieben, immer noch den Gefallen vieler ihrer Untertanen.

Nur leider kommt uns der provinzielle Abglanz der höfischen Herrlichkeit von einst immer teurer zu stehen. Nicht nur, weil der monarchistische Föderalismus dringende Reformen blockiert (Gabi Burgstaller sei ausgenommen – siehe oben). Sondern auch ganz konkret: Die Schulden der Länder, allen voran Niederösterreich und Kärnten, galoppieren seit Jahren in einem Tempo davon, das die Republik als Ganzes längst in den Ruin geführt hätte. Das gibt auch dem Finanzministerium unlösbare Rätsel auf.

Die neun Zwergimperien weigern sich nämlich, detaillierte Daten zu liefern. Über Schulden und Skandale spricht man nicht, das wäre Majestätsbeleidigung. Das Informationsmonopol stärkt die Position in den lästigen Verhandlungen über den Finanzausgleich: Wer nichts weiß, kann praktischerweise nur schlecht argumentieren. Die Bundesbrut soll gefälligst ihr Geld abliefern und sich nicht erdreisten, seiner Verwendung nachzuschnüffeln. Angesichts dieses Machtgefüges kann man von Glück sprechen, dass unsere Länder weit weniger echte Aufgaben zu erledigen haben als etwa die deutschen. Doch halt: Wenn es nach den Landeskaisern geht, soll sich das ja ändern. Beim Thema Schulen greifen sie bereits nach der absoluten Herrschaft. Gott behüte! (Bericht: S. 15)


karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2010)

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