Der zuweilen kultisch verehrte Hersteller Harley-Davidson steckt in der Krise. Mit einem rein elektrischen Modell suchte man einen Ausweg. Doch verlangt der Motorradmarkt wirklich nach Elektroantrieb?
Revelation“ nannte Harley-Davidson den Motor: Offenbarung. Davon kann bei der für ihre plotzenden Zweizylinder bekannten, zuweilen auch kultisch verehrten Marke gewiss die Rede sein – denn der „H-D Revelation“ ist ein Elektromotor.
Kaum von jener Sorte also, die man mit bärtigen Outlaws auf ihren Choppern in Verbindung bringt. Aber das ist natürlich ein Klischee aus der Frühzeit der Marke, auch wenn der Mythos vom wilden Rockerleben im Ledersattel nach Kräften gepflegt wird – der gewisse Ruch verfängt schließlich auch bei Zahnärzten und anderen Besserverdienern, die das Gros der heutigen Klientel ausmachen.
Tatsächlich stammt er aus der Nachkriegszeit. 62.000 Motorräder von Harley-Davidson zählten zum mechanisierten Tross, mit dem die Vereinigten Staaten gegen Hitlerdeutschland in die Schlacht zogen. Nach dem Krieg konnten Fahrer ihre Motorräder günstig kaufen. Einige Army-Veteranen, die nicht in die Gesellschaft zurückfanden, zogen mit ihren Harleys durchs Land, bildeten Banden, verwilderten, prägten den Ruf der 1903 gegründeten Marke mit. Dass auch die Aussteiger aus „Easy Rider“ (1969) auf alten Harleys in den Süden geritten sind, soll den Hersteller damals gar vor dem Konkurs gerettet haben – bei Autos undenkbar, aber bei Motorrädern wirkt subkulturelle Verehrung imagefördernd.
Mit Reagans Hilfe. Der Höhenflug setzte aber erst nach einer abermaligen schweren Krise in den 1980ern ein, als US-Präsident Ronald Reagan mit maßgeschneiderten Importzöllen (auf Motorräder über 750 ccm Hubraum) zur Hilfe eilte. Die goldenen Jahre hielten bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 an, als der Absatz um 60 Prozent einbrach. Man könnte sagen, dass er bis heute auf dem Niveau verharrt, würde Harley-Davidson nicht von Quartal zu Quartal weniger Bikes verkaufen – und in einer bedrohlichen Krise stecken.