Staatsoper

Dieser Parsifal trägt das Gefängnis in sich

Wagners „Parsifal“ im Magazin-Milieu: Elīna Garanča als Journalistin Kundry und Wolfgang Koch als Medienzar Klingsor.
Wagners „Parsifal“ im Magazin-Milieu: Elīna Garanča als Journalistin Kundry und Wolfgang Koch als Medienzar Klingsor.Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
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Jordan, Kaufmann, Garanča: Alles neu bei Wagners Bühnenweihfestspiel. Regisseur Kirill Serebrennikov verbannt den Mythos in die Köpfe und erzählt von der bösen Macht der Medien, wo er die Politik meinen müsste.

Ein paar berührende Momente gibt es dann doch in Kirill Serebrennikovs Inszenierung. Momente, in denen eine Theaterpranke spürbar wird, ein szenischer Wille, der sich von selbst aufgestellten konzeptuellen Schranken befreit. Da scheinen sich die Zeitebenen zu vermischen und zu begegnen, wenn der reife, sängerisch glaubwürdig müde beginnende Parsifal Jonas Kaufmann sein jugendliches Selbst umarmen will, das Nikolay Sidorenko den ganzen Abend über ausdrucksstark mimt – aber dann verweigert der Bursche. Liebe und Verständnis für das einstige Ich, abgelehnt: Generationenkonflikt innerhalb einer einzigen Figur. Oder am Ende, wenn der Schwan wieder lebendig wird und lächelt – jener Schwan, den Parsifal einst getötet hat.

Hier, in diesem Kerker irgendwo zwischen Grauem Haus und Gulag, das die Gralsburg vorstellt, ist er nämlich kein Tier, sondern ein junger Mithäftling. Und Parsifal bleibt allein sinnend zurück – nachdem er die Gemeinschaft im aufgelassenen Gefängnis auflöst und in eine ungewisse Zukunft entlässt, aber doch eine in Freiheit und Zuversicht. Der auferweckte Schwan scheint zu versprechen, dass sich etwas zum Besseren wenden könnte, dass alte Fehler wiedergutzumachen wären. Wenn Bogdan Roščić den „Fehler“ der vorangegangenen „Parsifal“-Inszenierung an der Staatsoper ausmerzen wollte, in der Alvis Hermanis 2017 kurzerhand Richard mit Otto Wagner, Steinhof und Psychiatrie vermengt hat, dann ist ihm das nur nach Punkten gelungen. Und selbst wer Serebrennikov das Scheitern auf höherem Niveau konzediert, fühlt doch allzu viel an Unaufgelöstem, besonders im Mittelakt.

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