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„The Flight Attendant“: Filmriss einer Flugbegleiterin

Kaley Cuoco sprüht als trinkwütige Flugbegleiterin, die sich in wilde Obsessionen stürzt.
Kaley Cuoco sprüht als trinkwütige Flugbegleiterin, die sich in wilde Obsessionen stürzt. [ Warner]
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Kaley Cuoco schlittert in „The Flight Attendant“ in ein mörderisches Komplott – und in die Fallstricke der eigenen Erinnerung. Eine wilde, lustvolle Krimikomödie.

Erinnerungen sind eine tückische Gehirnfunktion. Sie färben sich um, um uns zu schützen oder zu täuschen. Sie platzen manchmal in den unpassendsten Momenten durch die Tür zum Bewusstsein. Und sie verstecken sich oft dann, wenn wir am meisten auf sie angewiesen sind. Cassie Bowden (Kaley Cuoco, bekannt geworden mit der Serie „Big Bang Theory“) ist eine Frau, die mit der Unverlässlichkeit ihrer Erinnerungen zu leben gelernt hat. Filmrisse sind ein regelmäßiger Teil ihres Abendprogramms. Da kommt es schon vor, dass sie nach durchzechter Nacht in der U-Bahn aufwacht, sich auf den Heimweg macht, um im Schlafzimmer einen wartenden Herrn vorzufinden, den sie offenbar im Laufe der Nacht schon einmal vorgeschickt – und dann halt wieder vergessen – hat.

Den Lebensstil der feierwütigen Flugbegleiterin kann man als den aufregenden Jetset-Lifestyle einer unabhängigen Großstädterin schildern, die sich in jeder Metropole der Welt einen anderen Liebhaber hält, vor keinem Spaß zurückschreckt und es doch immer wieder rechtzeitig zum Boarding in die Business-Class-Kabine schafft. Oder als das tragische Schicksal einer Alkoholikerin auf der Flucht vor sich selbst. „The Flight Attendant“, eine neue Miniserie nach dem gleichnamigen Roman von Chris Bohjalian, die seit Freitag im Amazon-Streaming-Abo zu sehen ist, schafft beides. Und erzählt in acht kurzweiligen Folgen nicht nur eine vergnügliche Murder-Mystery-Geschichte, sondern auch von einer Frau, die sich in wilden Obsessionen zu verlieren droht.
Inszeniert ist das schwungvoll, rasant und mit dem leichtfüßigen Retro-Charme einer Agenten- oder Schwindlerkomödie, versetzt mit ein bisschen Hochglanz-Pulp: In stylishen Splitscreen-Bildern schieben sich New Yorker Luxus-Lofts und Abflughallen übereinander, durch die Cassie schleicht und eilt, die Tasche voller Wodkaflascherln aus der Flugzeugbar, geleitet von flirrenden Bruchstücken aus ihrer Erinnerung.

Das Hirngespinst ist auch verwirrt

Und die ist ziemlich lückenhaft, seitdem sie sich bei einem Flug nach Bangkok auf einen Flirt mit einem steinreichen Passagier (Michiel Huisman) eingelassen hat. Als sie irgendwann in seinem Hotelzimmer aufwacht, ist seine Kehle durchtrennt. Mit ihren Bemühungen, die Ereignisse aufzuklären, macht sie sich selbst nicht gerade unverdächtig. Zunehmend verstrickt sie sich in ein kriminelles Geflecht, treibt ihre beste Freundin (Zosia Mamet, bekannt aus „Girls“, als toughe Anwältin) im übertragenen Sinn in den Wahnsinn, sich selbst im buchstäblichen – und bricht dabei empfindliche Dunkelkammern ihres eigenen Gedächtnisses auf. Allein ist sie dabei immerhin nicht, steht doch in Cassies Kopf der ermordete Passagier – in unterschiedlich blutüberströmten Zuständen – für klärende Gespräche bereit. Auch wenn dieser mit seiner Rolle als Hirngespinst nicht immer ganz glücklich ist: „Warum bin ich hier?“
Cuoco, die die Serie selbst produziert hat, sprüht in der Rolle der unvernünftigen Besessenen mit den großen, dick geschminkten Augen. Und verleiht dieser lustvollen Krimikomödie zugleich eine beachtliche Tiefe: sehr erinnerungswürdig.

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