Chefdiplomat Mohammad Javad Zarif, möglicher Präsidentschaftskandidat, gab Einblicke in die Machtverhältnisse in Teheran – wo die Revolutionsgarden das Sagen haben.
Als Mohammad Javad Zarif in den ersten Jännertagen 2020 an einem Treffen des iranischen Sicherheitsrates teilnahm, wollte er Antworten haben. Kurz zuvor war eine ukrainische Verkehrsmaschine nach dem Start in Teheran abgestürzt, alle 176 Menschen an Bord waren tot. Der lang gediente Außenminister fragte die Revolutionsgardisten im Sicherheitsrat, was geschehen war.
Die Gardisten wussten, dass einer ihrer Offiziere das Flugzeug mit einer Rakete abgeschossen hatte, weil er es für einen US-Kampfjet hielt. Doch der Außenminister wurde im Dunkeln gelassen. Wenn es eine Rakete gewesen sei, müsse er das wissen, beschwor Zarif die Militärs. „Sie schauten mich an, als ob ich Gott gelästert hätte.“
Unter Kuratel der Garde
Zarif schilderte die Sicherheitsratssitzung in einem dreistündigen Gespräch mit dem Journalisten Saaed Lailas, das vor einigen Wochen aufgezeichnet wurde. Das Interview sollte erst im Spätsommer veröffentlicht werden – als Teil der Regierungsbilanz von Zarif und Präsident Hassan Rohani, die nach der Präsidentschaftswahl im Juni abtreten müssen. Doch Zarifs Äußerungen wurden schon jetzt dem Nachrichtensender Iran International in London zugespielt. Auch „New York Times“, „Financial Times“ und die BBC zitierten daraus. Irans Außenministerium bestätigte die Echtheit der Tonaufnahmen, indem es die Veröffentlichung als „unethisch“ kritisierte.