Glaubensfrage

Rebellion(chen) der Frauen

Kirchenfenster in der Otto-Wagner-Kirche in Wien.
Kirchenfenster in der Otto-Wagner-Kirche in Wien. Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Kirche wird gern als Mutter bezeichnet. Die Muttergottes ist ohnedies im katholischen Universum omnipräsent. Wie steht es mit Frauen generell?

Christen sind geduldige, gelassene Menschen. Sie müssten es sein. Das mag damit zu tun haben, dass das unausweichliche Ereignis Tod nicht als Endpunkt gesehen wird, sondern die Hoffnung lebt, die sich für Gläubige zur Gewissheit verdichtet: Mit dem Tod ist nicht alles aus. Oder, anders formuliert: Der Tod hat nicht das letzte Wort.

Für Katholiken generell, aber für Katholikinnen speziell gilt die Tugend der Geduld im Besonderen. Sie ist gerade auch für die Sicht auf die Kirche selbst wichtig, darauf, wie sie im Heute, immer wieder im Heute ihrem 2000 Jahre alten Auftrag gerecht wird. Das Navigieren zwischen den Untiefen noch dazu in einer – nicht nur kirchlichen – Welt großer Ungleichzeitigkeiten ist alles andere als trivial. Navigieren zwischen der Gefahr, die Sendung durch Aufgabe zu vieler über Jahrhunderte aus gutem Grund gehüteter Schätze und Erfahrungen zu verraten oder durch rückwärtsgewandtes Verharren in musealer Erstarrung ebenso Verrat zu begehen.

Anzeichen größer werdender Ungeduld der Frauen mehren sich, vor allem in Deutschland und Österreich. Warum gerade hier? Das wäre einmal eine eigene Abhandlung wert. „Wir können das! Wir haben das Charisma und die Ausbildung!“ Mit diesen (An)Sprüchen hat es kürzlich die Vorsitzende der katholischen Frauen Österreichs, Angelika Ritter-Grepl, in eine Meldung der Katholischen Presseagentur geschafft. Der Zusammenhang zum großen Tabuthema, dem Elefanten so gut wie aller innerkirchlicher Debatten, zur Öffnung des Zugangs für Frauen zu Weiheämtern, war klar.

Der frühere Langzeit-Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz Kardinal Camillo Ruini, er war immerhin sogar als Papst-Nachfolger Benedikts im Gespräch, hat wegen des synodalen Wegs der deutschen Katholiken und der dort gestellten für römische Ohren unerhörten Forderungen sogar vor einer Kirchenspaltung gewarnt. Die steten Hinweise auf die Tradition sind für viele Frauen aber nicht mehr stichhaltig. Zu groß ist das Unverständnis mittlerweile bei einer bedeutenden Zahl kirchlich engagierter Frauen – und Männer, zu groß die Not in manchen Bereichen der Seelsorge. Pointiert hat am Freitag die Stimme deutscher Ordensleute formuliert, Schwester Katharina Kluitmann. Sie ruft zum Ungehorsam auf (erinnert sich jemand an den österreichischen Aufreger-Aufruf vor einigen Jahren?): „Zu predigen, obwohl ich es nicht darf; die Eucharistie zu feiern, obwohl ich es nicht darf.“ In Anspielung an Dienste, zu denen sich Frauen berufen sehen, fragt die Ordensobere die Kirchenspitze: „Wer seid ihr, dass ihr Gott hindern könnt?“

Nun ist das noch keine echte Rebellion, vielleicht ein Rebellionchen. Aber ein Zeichen, derer es viele gibt. Sie sollten nicht länger übersehen werden. Und endlich zum Handeln führen.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2021)

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