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Mehr Eigenkapital für Unternehmen

Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, forcierte den Blick in die Zukunft und betonte die Notwendigkeit, die Innovationsfinanzierung in Österreich voranzutreiben.
Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, forcierte den Blick in die Zukunft und betonte die Notwendigkeit, die Innovationsfinanzierung in Österreich voranzutreiben. Günther Peroutka
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Innovationsfinanzierung ist ein Garant für den Erfolg der heimischen Unternehmen und Wirtschaft.

Es braucht Kapital, um die Innovation der heimischen Betriebe zu fördern. Laut Wiener-Börse-Chef Christoph Boschan sollte dieses Kapital vor allem von einem anlagegeneigten Publikum kommen. „Wir müssen eine substanzielle europäische Investorenbasis entwickeln.“ In Österreich steckt sehr viel Geld in konservativen Geldanlagen. Die große Herausforderung ist, privates Kapital in Zukunft für die Industrie verfügbar zu machen und zum Beispiel auch Stiftungen motivieren, stärker auf Unternehmensbeteiligungen zu setzen. „Wir brauchen die Zurverfügungstellung von Eigenkapital. In Österreich dominiert die Kreditfinanzierung. Sie hat ein Manko. Sie funktioniert sehr gut bei etablierten Geschäftsmodellen, bei denen die Rückzahlungspläne sehr klar sind. Dadurch zeigen die Banken eine hohe Finanzierungsbereitschaft. Aber eine Innovationsfinanzierung ist per Definition Risikokapitalfinanzierung und verlangt aus diesem Grund mehr Eigenkapital“, erklärte Boschan.

Die Politik hat zwar bereits hilfreiche kapitalmarktfördernde Maßnahmen beschlossen, aber die sind bisher noch nicht zur Anwendung gekommen. „Wir müssen endlich in die Umsetzung kommen“, forderte der Börsianer. Eine dieser Maßnahmen sieht zum Beispiel vor, dass Anleger, die ihre Anlagen über einen bestimmten Zeitraum halten, Steuervorteile genießen. In den Maßnahmen sind aber auch Finanzbildungsinitiativen formuliert.
Negativ kommt hinzu, dass die Finanzkrise 2008 Europa zu einer regelrechten Flut an Regulatorien bewogen hat. Dadurch geriet Europa in den Leistungskennzahlen (Key-Performance-Indicator) ins Hintertreffen. Gegenüber Amerika und Asien zeigten sich im Umfang der Kapitalaufnahme, der Komplexität des Marktzugangs usw. keine positive Entwicklungen. Die Expertenrunde hoffte, dass es nach der Coronakrise nicht zu einem ähnlichen Szenario kommen wird. „Gerade die Finanzkrise demonstrierte, dass sich jene Märkte mit gut entwickelten Kapitalmärkten wesentlich schneller und nachhaltiger erholten“, sagte Boschan. „Der Kapitalmarkt ist ein Hebel, um Wachstumsraten zu erzielen.“

»„Der Kapitalmarkt kann einen großen Hebel darstellen, dass privates Unternehmertum mit privater Innovationsfinanzierung gelingt. Dazu müssen aber Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Wir
stehen heute an einer wichtigen Weggabelung.“
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Christoph Boschan, CEO, Wiener Börse AG

Innovationsfinanzierung

Eigenkapital ist ein Turbo für die heimische Innovation und Forschung. Die Wiener Börse darf sich durchaus als Heimat der österreichischen Industrie bezeichnen. „Die Marktkapitalisierung der Industrieunternehmen macht 55 Milliarden Euro aus. Das sind rund 40 bis 45 Prozent des Gesamtmarktes. 12 Milliarden entfallen auf den Bereich Industrial Tech“ so Boschan. „Das kann mehr werden, die Anleger wünschen sich das.“

Für eine stabile Innovationsfinanzierung braucht es einen funktionierenden Kapitalmarkt. „Der zeichnet sich durch Liquidität und interessante Investoren und Unternehmen aus“, ergänzte Andreas Gerstenmayer, CEO von AT&S. Allein die Tatsache, dass die Anzahl der Österreicher, die Aktien halten, im einstelligen Bereich liegt, ist ein klares Signal für das mangelnde Aktien-Bewusstsein. Die Diskussionsteilnehmer verweisen darauf, dass die Politik die Atmosphäre am Kapitalmarkt durch den öffentlichen Dialog entscheidend mitprägt. Sie schafft die Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt. Auch eine bessere Finanzbildung baut Berührungsängste mit der Börse ab. Auf diesem Gebiet beteiligt sich die Industriellenvereinigung an einer neu ins Leben gerufenen Bildungsstiftung, in der u. a. Wirtschafts- und Finanzbildung gestärkt werden. Sowohl die heimischen Banken als auch die Wiener Börse engagieren sich im Bereich Aus- und Weiterbildung.

Für Georg Kopetz, CEO der TTTech Auto AG, gäbe es genug Potenzial am heimischen Markt. „Indem man betont, dass die Wiener Börse ein attraktiver Standort ist, an dem man in die Zukunft investieren kann und man von Aktien mehr Ertrag bekommt, als wenn das Geld am Konto liegt. Momentan gelingt es uns noch nicht, aufzuzeigen, dass ein Anteil an einem Unternehmen, das am Weltmarkt erfolgreich sein möchte, eine gute Möglichkeit für die persönliche Vermögensvorsorge ist“, so Kopetz.

Börse als Tech-Turbo

Unternehmen, die in Zukunft im internationalen Wettbewerb eine Vorreiterrolle einnehmen wollen, kommen an der Finanzierung über den Kapitalmarkt nicht vorbei.
Kein Finanzierungsinstrument bringt gleichzeitig mehr Kapital, Sichtbarkeit und nützliche Governance als ein Börsengang. Gerade Tech-Unternehmen brauchen Eigenkapital um ihre Innovation zu finanzieren. Gerstenmayer warf angesichts geringer österreichischer Aktionärszahlen die Frage nach ausreichend Liquidität auf. Christoph Boschan relativierte: „Die Wiener Börse ist mit 85 Prozent Umsatzanteil internationaler Handelsmitglieder exzellent verbunden mit den globalen Kapitalsammelstellen. Morgan Stanley, J. P. Morgan, Credit Suisse oder Goldman Sachs zählen in Wien zu den Top-Handelsteilnehmern.“ Die Notwendigkeit zur Entwicklung einer relevanten europäischen und nationalen Investorenbasis sieht auch Boschan. Das könne aber durchaus auch als Chance gesehen werden, weil sich hier ein Reservoir an zukünftigem Wachstumspotenzial eröffnet. „Unternehmen, die jetzt auf diesen Zug aufspringen, haben ein Alleinstellungsmerkmal“, so der Börse-Chef.

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