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Eine Jüdin liebt eine Deutsche: Chaotische Familienaufstellung in "Kiss Me Kosher"

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Israelis und Araber, Juden und Nazi-Nachfahren: In der deutsch-israelischen Komödie „Kiss Me Kosher“ kochen alte Konflikte hoch.

Das Ende von „Kiss Me Kosher“ wirkt angesichts der jüngsten Ereignisse im wieder aufgeflammten Nahost-Konflikt schmerzhafter, als es wohl gedacht war: „Es wird Krieg geben“, singt eine Hochzeitsband vergnügt zum stampfenden Rhythmus, während unter den Gästen fröhliches Chaos ausbricht. Israelis und Araber, Juden und Nazi-Nachfahren – alle tanzen, zanken, raufen. Der übliche Wahnsinn eben. Wer möchte Torte?

Nein, man braucht einer Liebeskomödie nicht vorzuwerfen, dass sie sich einem historischen, politischen Konflikt auf leichtfüßige Weise nähert. Aber wenn sie sich diesen schon zur Handlungsgrundlage macht, darf sie gern mehr liefern als oberflächliche Späße. Und daran scheitert die deutsch-israelische Koproduktion der Regisseurin Shirel Peleg, die ab Mittwoch in die wieder eröffneten Kinos kommt. Die schlagfertige Israelin Shira (Moran Rosenblatt) will darin ihre neue Freundin Maria (Luise Wolfram) heiraten. Shiras Familie jubelt, nur die Oma protestiert: Maria ist nämlich nicht nur nicht jüdisch, sondern auch Deutsche oder, wie die elegante alte Dame (und Holocaustüberlebende) es nennt: „Evas und Adolfs Brut“.

Dass sie selbst mit einem palästinensischen Arzt anbandelt, verheimlicht sie der Familie. Als auch noch Marias Eltern ankommen, die in den unpassendsten Momenten ihre Meinung über eine Zweistaatenlösung mitteilen möchten, ist das Chaos komplett.

Die Freude über einen Schinken

Es geht also um alte Verbitterungen und neue Ressentiments, um kulturelle Differenzen (wie groß soll eine Hochzeit sein?) und Klischees, die mitunter recht gewitzt unterlaufen werden: „Nur eine Jüdin kann sich so über Schweinefleisch freuen“, kommentiert Shira die Szene, in der ihre Mutter frohlockend einen wie Schmuggelgut verpackten Schinken entgegennimmt. Flott, aber unaufgeregt treibt Peleg ihre Figuren durch allerlei kleine Eskalationen. Dass der Film die tieferen Ängste hinter den Streitereien der Figuren nicht freilegt, ist schade. Vor allem fehlt ihm aber die emotionale Dringlichkeit: Die große Liebe, die Shira und Maria einander inmitten all der Verwirrungen erklären, nimmt man ihnen kaum ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2021)

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