Der schreckliche Fund von Überresten toter Kinder auf dem Gelände eines früheren Internats für junge Indigene macht erneut ein übles Kapitel der Landesgeschichte deutlich.
Seit Jahren setzt sich Kanada mit einem der dunkelsten Kapitel seiner Geschichte auseinander: der Unterdrückung und Misshandlung vieler Kinder der indigenen Völker in staatlichen Internatsschulen. Nun riefen grausige Funde auf dem Gelände einer ehemaligen Schule diese Causa erneut ins Bewusstsein: Vor Tagen wurden dort die Überreste von 215 Kindern entdeckt.
Auf der Treppe der Kunstgalerie von Vancouver stehen 215 Paar Kinderschuhe – ein spontan errichtetes Mahnmal, jedes Paar Schuhe steht für eines der verscharrten Kinder auf dem Gelände der früheren Residential School in Kamloops im Inneren der Pazifikprovinz British Columbia. Mit Radar, das den Boden durchdringt, war das Gelände untersucht worden.
Am Wochenende wurde ein erstes Ergebnis präsentiert. Die Untersuchungen bestätigen, was die Angehörigen der im Raum Kamloops lebenden First Nations („Indianer“) vermuteten, aber nie nachweisen konnten: Dass viele ihrer Kinder in der Schule starben, ihr Tod verschwiegen wurde und man sie gleich vor Ort vergrub. „Das ist eine brutale Wirklichkeit, es ist unsere Wahrheit, es ist unsere Geschichte“, sagt Rosanne Casimir, Chief (Häuptling) des Volkes der Tk'emlúps te Secwépemc. „Wir mussten immer darum kämpfen, sie zu beweisen.“