Porträt.

Stefan Häckel: Lösungen gefragt, nicht Produkte

Stefan Häckel
Stefan HäckelIngo Pertramer
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Im Lockdown sei die Produktivität gestiegen, nicht aber die Kreativität, sagt Werbeprofi Stefan Häckel. Er hält der Branche einen Spiegel vor und bestärkt moderne Väter.

Die Pandemie sei ein Brandbeschleuniger, sagt Stefan Häckel. Für Technologien und Methoden, die seit langer Zeit vorhanden und bekannt waren, aber die kaum bis gar nicht eingesetzt wurden: Augmented- und Virtual-Reality-Tools oder Videocalls, meint der 44-Jährige. Der gebürtige Linzer ist Chief Growth Officer der Agentur Virtue und seit 2007 in unterschiedlichen Rollen für den Vice-Medienkonzern tätig.
In den vergangenen Monaten seit dem ersten Lockdown im März 2020 „ging die Produktivität stark nach oben. Weil wir alle streng getaktet sind in den laufenden Calls und Videoterminen.“ Die Kreativität hingegen nicht. Schlicht, weil die „kleinen Dinge“ fehlten: die zwei Minuten, die man noch länger im Besprechungsraum blieb, um noch etwas zu bereden, die zufälligen Begegnungen auf dem Gang und bei der (Kaffee-)Pause, die Nähe und die Möglichkeit, Persönlichkeit, Aura, Mimik und Gestik unmittelbar zu erleben. So „ging auch oft die Spontaneität verloren“.
Noch etwas: „Die Wegzeit von einem Termin zum nächsten, diese Zeit für sich selbst, zum Vor- und Nachdenken und -bereiten, fehlt“, sagt Häckel. Tatsächlich werde mittlerweile daran gearbeitet, diesen Stimulus der kurzen Pausen zwischen den Videokonferenzen technisch nachzubilden, doch dass sich das reale Erleben nachbilden lässt, bezweifelt Häckel.

Konsum-Shutdown blieb aus

In der Zwischenzeit, sagt Häckel, sei zumindest die Werbebranche beinahe wieder „back to normal“: Es gehe um Produktentwickung, -anpreisung und -absatz. So wie vor der Pandemie. „Vor einem Jahr wurde auch in der Werbung das Miteinander beschworen, doch es war nicht mehr als Schulterklopfen und Betroffenheitskommunikation.“ Diese Art der Kommunikation habe sich schnell abgenutzt. Ein großes Umdenken, große Verhaltensänderungen habe er nicht gesehen. So verkauften manche Hersteller etwa unter dem Strich 2020 mehr Autos als 2019. „Der Konsum-Shutdown ist nicht passiert.“ Doch er räumt ein: „Manche Marken wurden härter getroffen, abhängig von Absatzpolitik, Preis und Image. Marken, die schon vor der Pandemie stark waren, wurden gestärkt.“
Was sich allerdings zeige: Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit, Transparenz, Ehrlichkeit, Diversität sind für junge Kunden eminent wichtig: Sie wollen nicht für dumm verkauft werden und nutzen die Möglichkeiten, diese Werte zu hinterfragen. Seine Branche bekomme es nicht sonderlich gut hin, diese Werte auch zu transportieren, meint Häckel selbstkritisch. Daher stellten Kunden die Frage nach der Existenzberechtigung von Marken.

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