Streuobstwiesen sind rar geworden in Österreich. Im Ybbstal gibt's noch einige.
Mostviertel

Das Ybbstal: Wo Fahrräder unter Obstbäumen lehnen

Streuobstwiesen, nummerierte Straßen à la New York oder Fischgrätmuster im grünen Wasser: Der Ybbstal-Radweg ist ein Paradies, um sogenannte Kleinigkeiten zu entdecken.

Hundertneun Kilometer schlängeln sich die Ybbs und der daneben verlaufende Radweg von Lunz am See bis zur Donau. Doch nur nicht gleich losradeln, denn eine Grundregel macht Radtouren schöner: Statt viel zu planen, nimm dir Zeit und lass dich überraschen. So lädt der Lunzer See zu einem Sprung ins Wasser, alternativ kühlt ein Coupe vom Eis-Café am See. Nun geht es aber los, flussabwärts vorbei am alten Bahnhof, denn die ersten 55 Kilometer verlaufen auf der einstigen Trasse der Ybbstalbahn. Von Straßen sicher getrennt und mit Rastplätzen neu gestaltet, beginnt hier die schönste Strecke der Tour, auch für Familien bestens geeignet. Kaum losgeradelt, wecken Figuren auf einer Brücke die Neugier. Der hier ansässige Eisenwerksbesitzer Andreas Töpper hat 1861 Heiligenfiguren aus Mariazeller Eisenguss errichtet, sagt eine Inschrift, darunter eine Madonna und den Heiligen Florian.

Typische Streuobstwiesen

Vierkanthöfe und Obstwiesen: ein bestimmendes Bild verschwand über die Jahre.
Vierkanthöfe und Obstwiesen: ein bestimmendes Bild verschwand über die Jahre. (c) SCHWARZ-KOENIG

Jetzt beginnen die typischen Streuobstwiesen des niederösterreichischen Mostviertels. Und wer ab dem Spätsommer unterwegs ist, den locken Äpfel, Birnen und vor allem die saftigen Zwetschken. Streuobstwiesen sind eine traditionelle Form der Landwirtschaft, Kaiserin Maria Theresia hat das Pflanzen von Obstbäumen gefördert. So standen jahrhundertelang Bäume mit einer Vielfalt an Obstsorten rund um die charakteristischen Vierkanthöfe. Bis die Optimierungswelle kam: Die Obstbäume wurden umgeschnitten und man schuf glatte Flächen, die mit Maschinen bearbeitet werden können. So sparte man sich das mühsame Aufklauben der Früchte, je nachdem, wann sie reif sind. Doch damit sind in Österreich und in ganz Europa bis zu 80 Prozent der Streuobstwiesen verschwunden, Vögel und Insekten verloren ihr Ökosystem – und wir Menschen viele regionale Obstsorten. Eine alte Bäuerin bückt sich unter einem knorrigen Baum, sie klaubt mühselig die kleinen roten Äpfel in der Wiese auf. Wahrscheinlich hat sie am Abend mehr Rückenweh als die vorbeifahrenden Radler, jedenfalls trägt sie zur Vielfalt in der Landwirtschaft bei. Mit dem ansteigenden ökologischen Bewusstsein ist zu hoffen, dass die letzten Streuobstwiesen erhalten bleiben und je nach Jahreszeit mit Blütenpracht, kühlem Schatten oder Früchten erfreuen.

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