Auf dem Subkontinent verschärft Corona alle bereits herrschenden Probleme. Es braut sich eine gewaltige soziale Krise zusammen. Tod, Leid und Wut über Regierungen werden zum Nährboden für einen Linksruck, der sogar bisher durchaus wirtschaftsfreundliche Andenstaaten wie Kolumbien erfasst.
Ein Verhängnis kam zum anderen. Zu Anfang des dritten Jahrzehnts war Amerikas Süden jene Weltgegend, die sich am langsamsten entwickelte. Und dann kam Sars-CoV-2. Der (Sub-)Kontinent, auf dem nur acht Prozent der Weltbevölkerung leben, musste mehr als 20 Prozent aller Todesopfer der Pandemie beklagen. Er war im Vorjahr quasi der Schwerpunkt der Virenwelle und ist heute die einzige Weltregion, wo die Infektionen noch zulegen. Mehr als 930.000 Südamerikaner starben an den Folgen einer Covid-Erkrankung.
Das Virus wurde zu einem mächtigen Katalysator all jener Probleme, die im Jahr 2019 bereits weite Teile des Kontinents in Aufruhr versetzt hatten. Das schleppende Wachstum der Wirtschaft, die extremen Ungleichheiten in der Verteilung des Wohlstands, mangelnde Teilhabe an politischen Entscheidungen, Korruption und Schwäche staatlicher Institutionen hatten vor allem junge Bürger in vielen Ländern auf die Straßen getrieben, um Grundsätzliches zu ändern. Doch dann kam die Pandemie, und es folgten Quarantänen und Lockdowns, deren Auswirkungen von den Regierungen nur lückenhaft gemildert werden konnten – solang noch Geld da war.