Daniel Kramer zerschlägt brutal Maeterlincks zarte Fabel von „Pelléas und Mélisande“. Viele Besucher verließen enttäuscht das Theater, das wieder einmal Popkultur zwischen Trash und Glamour zelebriert.
Mit einer Detonation beginnt „Pelléas und Mélisande“ von Maurice Maeterlinck im Akademietheater. Blutiges Fleisch hängt an einer Plexiglaswand vor der Feuermauer – und Mélisande keucht auf einem Laufband.
Regisseur Daniel Kramer hat die Geschichte des belgischen Symbolisten und Romantikers in ein Ambiente zwischen Boulevard und Bezirksgericht befördert. Mélisande (Sophie von Kessel) steht für die geschundene Frau. Sie flüchtete vor Gewalt und Vergewaltigung, ihr neues Inselrefugium bietet aber auch nichts anderes als Misshandlung und Brutalität. Nicht nur der alte Golaud mit den riesigen Händen (Rainer Galke), sondern auch ihre letzte Hoffnung und Liebe, Pelléas (Felix Rech), wollen sie bloß überwältigen und vernichten. Während Golaud, der Riese mit dem unförmigen Gemächt, dem leicht die Knarre losgeht, am liebsten puppenhafte Mädchen ruiniert, ist Pelléas ein versteckter Psychopath, einer von diesen Frauen-in-den-Keller-Sperrern.