Theater

Josefstadt als Dorn „im Arsch der Mächtigen“

Herbert Föttinger bei der Programmpressekonferenz des Theaters in der Josefstadt
Herbert Föttinger bei der Programmpressekonferenz des Theaters in der Josefstadt(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Herbert Föttinger stellte am Mittwoch sein Programm für die Spielzeit 2021/22 vor. 2026 sei für ihn Schluss.

Schlichtes Dekor, gedämpfte Stimmung bei der Präsentation des Spielplans 2021/2022 im Theater in der Josefstadt. Gedämpft, weil in finanzieller Hinsicht zwar das Schlimmste überstanden, aber nichts gesichert sei, wie Stiftungsvorstand Günter Rhomberg zu Beginn erläuterte. Aber auch, weil „gar nicht so viel Presse“ anwesend sei, wie Direktor Herbert Föttinger dezent monierte – die meisten Journalisten seien ja auf Urlaub.

Enthusiastisch gab er sich dennoch bei der Programmvorstellung, die auch „a bisserl“ 2023 in den Blick nahm. Und das absehbare Ende seiner Intendanz: „2026 ist Schluss.“ Das sei mit dem Stiftungsrat abgesprochen. Mit 20 Jahren im Amt sei er nach Josef Jarno (von 1899 bis 1923) der „am zweitlängsten durchgängig dienende“ Direktor in der Josefstadt, meinte Föttinger nicht ohne Stolz. Jarno habe das „19. Jahrhundert hinter sich gelassen”, in dieser Modernisierungstradition sehe er auch sein eigenes Wirken.

Man habe sich in den letzten fünf Jahren als „österreichisches Nationaltheater“ mit Schwerpunkt auf heimischen Texten etabliert, zudem als Ur- und Erstaufführungstheater, als „Kreißsaal der Gegenwartsliteratur“. Föttingers Fazit: „Wir machen nicht alles gut, aber wir machen verdammt viel gut.“

Neues von Tom Stoppard und Peter Turrini

Gut heißt für ihn auch politisch, im Sinne eines Stachels „im Arsch der Mächtigen“. In einem Land, in dem „Behauptungspolitik an der Tagesordnung ist“, müsse Theater kritisches Bewusstsein stärken. Hier will Föttinger in seiner 16. Spielzeit nachschärfen. Etwa mit einer Trilogie über „Vertreibung und Rückkehr“, darunter Susanne Wolfs Schnitzler-Inszenierung „Der Weg ins Freie“ (die die Saison im September eröffnen wird), ein Auftragswerk von Felix Mitterer über den Komponisten Aleksander von Zemlinsky und „Leopoldstadt“ von Tom Stoppard. Dieser schickte eine Grußbotschaft aus Dorset, Claus Peymann, der mit Ionesco die Kammerspiele beehrt, eine lobende SMS. Föttingers „Verbündeter“ David Bösch soll indes mit dem „Volksfeind“ den „politischen Ibsen“ neu aufleben lassen.

Auf der Hauptbühne stehen zehn Neuproduktionen an, sieben in den Kammerspielen. Drei Uraufführungen (Schnitzler, Zemlinsky, „Die Stadt der Blinden“) und vier deutschsprachige Erstaufführungen: Stoppard, Beau Willimons „The Parisian Woman“, die russische Komödie „Der Wald“ und eine Filmhit-Adaption: „Das perfekte Geheimnis“. Darin geht es – wie aktuell! – um heikle Chatnachrichten. Die Kammerspiele vom Boulevard her stärker dem „gepflegten Regietheater“ zuzuführen, sei erklärtes Ziel: 2022/23 kommen Brechts „Kleinbürgerhochzeit“ und „Der große Diktator“, im Haupthaus ein neuer Turrini.

Auf seine lautstarke Kritik an der Kulturpolitik am Anfang der Pandemie (und die relative Funkstille der Josefstadt zu späteren Öffnungszeiten) angesprochen, meinte Föttinger, er habe „nicht die Rolle von Spartakus übernommen“ und die Regierung nur an den Stellenwert der Kunst erinnern wollen. Inzwischen sei mehr Wertschätzung zu spüren. (and)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2021)

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