Porträt

„Es fühlt sich nicht wie Arbeit an“

Barbara Heindl
Barbara Heindl(c) Akos Burg
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Familie und Beruf mit einfachen Mitteln vereinbar zu machen ist eines der Ziele von Barbara Heindl. Sie ist im Confiserie-Familienunternehmen für Marketing und Sales zuständig.

Dass Schokolade glücklich macht, gilt als bekannt. Dass die Erwartungen in und an Schokolade, die sich in Verkaufszahlen spiegeln, rund um die großen Feste wie Ostern, Weihnachten, Nikolaus/Krampus, ja sogar um den Vatertag besonders hoch sind, mag überraschen.

Fast ein Drittel der Schokoladen, Pralinen und Konfekte, die das Wiener Traditionsunternehmen Heindl verkauft, sind als Geschenke gedacht – unabhängig davon, ob es sich um ein Coronajahr handelt oder nicht. „Rund um diese Anlässe ist die Nachfrage besonders groß“, sagt Barbara Heindl. Die 39-Jährige ist im Familienunternehmen für Marketing und Sales zuständig. Spürbar waren die Umsatzrückgänge zuletzt aber dennoch, weil sowohl die Innenstadtgeschäfte als auch die Verkaufspunkte auf dem Wiener Flughafen stark von Touristen frequentiert werden. Oder genauer gesagt von Touristinnen.

Denn die Kundschaft ist überwiegend weiblich. „Auch in unserem Schoko-Club sind deutlich mehr Frauen als Männer dabei“, sagt Heindl. Der Klub erwies sich in den Lockdowns als wichtiger Kommunikationskanal mit den rund 100.000 Mitgliedern. „Wichtig war auch, dass wir den Onlineshop umgesetzt haben und die Social-Media-Aktivitäten intensiviert haben“, sagt Heindl.

Langfristig, nachhaltig

Denn es geht auch im Confiserie-Bereich um dauernde Kundenbeziehungen. Nachhaltigkeit ist überhaupt ein großes Thema für Heindl. Als vor neun Jahren der Betrieb im 23. Bezirk in Wien adaptiert wurde, wurde er mit der damals größten privaten Fotovoltaikanlage des Landes ausgestattet, zudem wird die Abluft der Geräte zum Kühlen verwendet. Seit den Umbauten werden die Pischinger-Waffeln im Wiener Stammhaus hergestellt und seit damals gibt es das Schoko-Museum.

Nachhaltigkeit ist Heindl auch bei den Produkten wichtig, weshalb entweder regionale oder Fairtrade-Zutaten verwendet werden.

Auf Langfristigkeit sind auch die Beziehungen zu den circa 255 Mitarbeitenden (rund 80 Prozent sind weiblich, elf der 16 Abteilungen in weiblicher Hand) ausgelegt: Fast ein Drittel ist länger als zehn Jahre, rund 15 Prozent sind länger als 15 Jahre im Haus. Viele davon, sagt Heindl, „sind Geschwisterpaare“. Heindl betont zudem, dass auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf geachtet wird. Das gelingt einerseits durch flexible Arbeitszeiten, aber auch, weil gewisse Tätigkeit für Mütter mit Betreuungspflichten auf die Vormittage gelegt werden: „Die Einlegestraße, auf der die Ware handverlesen verpackt wird, ist daher am Vormittag in Betrieb.“

Ihre Aufgabe ist, Talente zu erkennen, zu fördern und bestmöglich einzusetzen. Es sei wichtig, sagt sie, dass sich die Mitarbeitenden untereinander kennen, weshalb es ein Buddysystem für neue Mitarbeitende gebe, und dass die einen wissen, was die anderen tun. Das helfe auch, dass sie die Unternehmensziele annehmen und in diese Richtung arbeiten.

Diese besondere Beziehung mag vielleicht damit zusammenhängen, dass das Unternehmen seit der Gründung 1952 durch ihre Großeltern Maria und Walter Heindl in einer angemieteten Backstube familiengeführt ist. 1987 hatte ihr Vater, Walter, und sein Bruder, Andreas Heindl, den Betrieb übernommen, den ihr Onkel aktuell führt. Sie sei im Unternehmen aufgewachsen, sagt sie. Heute teilt sie sich mit ihrer Schwester, die den Schoko-Club leitet, das Büro. „Wir haben auch zu Hause das Unternehmen gelebt.“

„Die Arbeit“, sagt Barbara Heindl, „fühlt sich nicht wie Arbeit an. Eher wie ein Hobby.“ Mit der Möglichkeit, sich immer neue Dinge zu überlegen und vieles auszuprobieren. Anders als bei der Fluglinie, für die sie zuvor gearbeitet hatte, bei der jeder Handgriff geregelt war.

Vorkoster im eigenen Haus

Apropos probieren: Neue Produktkreationen stellt Heindl immer so auf, dass die Mitarbeitenden sie kosten können. Was hier besonders gut ankommt, hat später die Chance, in einer der 31 Filialen ins Regal zu kommen.

Übrigens: Auch wenn Edelbitterschokolade gerade im Trend ist, Milchschokolade macht die Kunden nach wie vor noch glücklicher.

Zur Person

Barbara Heindl (39) ist Head of Marketing und Sales der Confiserie Heindl. Zuvor sie mehr als sechs Jahre als Flugbegleiterin tätig, ehe sie 2009 ins Familienunternehmen einstieg. Die Confiserie wurde 1953 von ihren Großeltern Maria und Walter Heindl in einer angemieteten Backstube gegründet. Heute führt ihr Onkel, Andreas Heindl, das Unternehmen, das in der Produktion und den 31 Filialen rund 255 Mitarbeitende beschäftigt und rund 26 Millionen Euro umsetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2021)

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