Radsport

Die einsame Tour des Mannes in Gelb

Tadej Pogačar
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Primož Roglič musste vom Sturz gezeichnet aufgeben, auch andere Rivalen können nicht mithalten: Tadej Pogačar fährt einer souveränen Titelverteidigung entgegen.

Tignes/Wien. Einen der spannendsten Momente hat Tadej Pogačar dem Radsport geschenkt, als er im September erst auf der vorletzten Etappe noch den Gesamtsieg der Tour de France erobert hatte. Dass der Slowene bei der diesjährigen 108. Auflage als einer der Favoriten gestartet ist, war also keine Überraschung. Dass der 22-Jährige schon nach der ersten Woche der Rundfahrt seine Konkurrenz abgehängt hat, schon.

Dafür verantwortlich ist einerseits Pogačar selbst. Schon sein souveräner Sieg im Zeitfahren am Mittwoch dürfte die Konkurrenz demoralisiert haben, sein Solo auf der ersten Alpen-Etappe am Samstag hatte sie dann gewissermaßen vernichtet: Fast zwei Minuten Vorsprung fuhr der UAE-Profi auf seine Rivalen heraus. Die Leichtigkeit seiner Tritte bergauf sorgte ebenso für Staunen wie die anschließende Auswertung: 6,3 Watt/Kilo soll er auf den 8,7 Kilometern bei durchschnittlich 9,4 Prozent Steigung in die Pedale gebracht haben – beeindruckende bis beängstigende Werte. Seit April hat sich Pogačar ganz gezielt auf die Tour vorbereitet, der Plan scheint aufzugehen.

Andererseits verzweifeln die als übrigen Siegkandidaten nicht nur am Titelverteidiger in Topform, sondern auch an fehlender Fortune. Der Vorjahreszweite Primož Roglič zählte mit Geraint Thomas zu den prominenten Sturzopfern, sie quälten sich am Samstag wie Chris Froome trotz der Erfahrung von zehn Grand-Tour-Siegen in der abgehängten Gruppe der Sprinter den Berg hinauf. „Es ist hart für den Kopf“, meinte Thomas, Tour-Sieger von 2018. Roglič zog die Konsequenz und stieg am Sonntag aus der Tour aus. „Es macht keinen Sinn, weiter zu fahren. Ich hatte große Schmerzen. Ich bin enttäuscht“, erklärte der 31-Jährige. Seine Konzentration gilt nun dem olympischen Straßenrennen (24. Juli).

Die riskante Streckenwahl der Veranstalter könnte also am Ende auch die erhoffte Spannung gekostet haben. Denn wie wohl noch schwere Teilstücke wie die zweimalige Befahrung des Mont Ventoux warten, wer soll diesen Pogačar stoppen? „Ich habe die Tour nicht gekillt. Es ist noch ein weiter Weg“, sagte der Titelverteidiger. Bei der Bergankunft in Tignes am Sonntag sicherte sich der Australier Ben O'Connor nach einer Flucht den Tagessieg, im Peloton aber gab wieder einmal Pogačar das Tempo vor. Im finalen Anstieg ließ er wieder einmal seine Konkurrenten im Gesamtklassement stehen, baute als Sechster seinen Polster weiter aus. Den Ruhetag heute kann er auskosten, ein Herausforderer ist nicht in Sicht.

(swi)

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