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Deutsche Commerzbank schließt noch heuer 240 Filialen

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Fast jeder zweite Standort der zweitgrößten Bank Deutschlands steht auf der Streichliste.

Der Kahlschlag im Filialnetz der deutschen Commerzbank wird konkreter: Die Liste der Zweigstellen, die bundesweit geschlossen werden, steht, wie das Institut am Mittwoch bestätigte. 240 Filialen in Deutschland will die Bank noch heuer dichtmachen, losgehen soll es im Oktober. Am Vortag hatte der deutsche MDAX-Konzern auf regionaler Ebene informiert.

Das Geldhaus, das lange an seinem vergleichsweise engmaschigen Filialnetz festgehalten hatte, steuert unter dem neuen Konzernchef Manfred Knof radikal um. Bis Ende 2024 soll konzernweit die Zahl der Vollzeitstellen von etwa 39.500 auf 32.000 gedrückt werden. Das Filialnetz in Deutschland wird von 790 auf 450 Standorte fast halbiert. 2022 soll der Filialabbau im Inland abgeschlossen werden. Bankkunden nutzen zunehmend digitale Angebote, um Bankgeschäfte zu erledigen, daher streichen etliche Institute ihr Filialnetz zusammen.

Eine komplette Liste mit den 340 betroffenen Commerzbank-Standorten machte die Bank nicht öffentlich. Ein Sprecher bestätigte für einzelne Bundesländer und Regionen Angaben aus Medienberichten. Demnach schließt die Commerzbank in Berlin 8 von 36 Filialen, in Baden-Württemberg 38 von 78, in Hamburg 11 von 27, in Sachsen 17 von 46, in Sachsen-Anhalt 7 von 23 und in Schleswig-Holstein 17 von 35. In Hessen macht das Institut nach Angaben des Sprechers 23 Filialen dicht, in der "Region West", die Nordrhein-Westfalen und Teile von Niedersachsen umfasst, stehen 99 Standorte auf der Streichliste.

Mit dem harten Sparkurs will Knof, der die Führung der Bank mit 1. Jänner übernommen hatte, die Commerzbank nach einem Milliardenverlust 2020 zurück in die Erfolgsspur führen. Der Rahmen für den Abbau Tausender Jobs im Inland wurde mit den Arbeitnehmervertretern bereits vereinbart, bis Jahresende will das Management Klarheit darüber schaffen, wie die Geschäftsbereiche künftig zugeschnitten sein werden. Betriebsbedingte Kündigungen will der Vorstand möglichst vermeiden, schließt sie aber nicht aus.

Gerichtsstreit gegen Wirecard-Analystin verloren

Die Commerzbank hat im Streit mit einer entlassenen Wirecard-Analystin eine Niederlage vor Gericht kassiert. Die Kündigung der Aktienexpertin Heike Pauls, die Titel des Zahlungsabwicklers Wirecard bis kurz vor seiner Pleite zum Kauf empfohlen hatte, sei vom Arbeitsgericht Frankfurt als unwirksam erachtet worden, erklärte eine Gerichtssprecherin am Mittwoch. Die Klägerin habe im Verfahren gegen die Bank "ganz überwiegend obsiegt".

Insbesondere ihren Kündigungsschutzanträgen und dem Weiterbeschäftigungsantrag sei stattgegeben worden. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Die Bank lehnte einen Kommentar dazu ab. Die "WirtschaftsWoche" hatte zuerst über den Fall berichtet.

Die Commerzbank hatte das Arbeitsverhältnis mit Pauls Anfang des Jahres beendet. Sie war in die Kritik geraten, weil sie die Wirecard-Aktie bis kurz vor der Insolvenz mit einem Kursziel von 230 Euro zum Kauf empfohlen und kritische Medienberichte über Bilanzunregelmäßigkeiten bei dem Zahlungsabwickler als "Fake News" bezeichnet hatte. Zahlreiche Analysten anderer Finanzhäuser hatten Verkaufs-Empfehlungen ausgesprochen oder die Bewertung der Wirecard-Titel komplett eingestellt.

Der ehemalige Dax-Konzern meldete im Juni 2020 Insolvenz an, nachdem Luftbuchungen über fast zwei Milliarden Euro bekannt wurden. Der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun sitzt in Augsburg in Untersuchungshaft, Ex-Vorstand Jan Marsalek ist auf der Flucht. Ihnen und anderen Managern wird unter anderem gewerbsmäßiger Bandenbetrug vorgeworfen.

(APA/Reuters)

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