Anstoß

Olympische Geisterspiele

Tokios Sommerspiele werden ein Event vor leeren Tribünen, aber voll Sorgen. Auch der vierte Corona-Notstand führte zu keiner erneuten Verschiebung.

Olympias historische Null ist amtlich: die Sommerspiele in Tokio finden ohne Zuschauer statt. In einer Millionenstadt, in der das Gros der Menschen in wochenlangen Umfragen ohnehin nur eine stärker werdende Antwort gegeben hatte: man wollte diese Spiele nicht. Denn zu groß ist die Angst vor noch mehr Infektionen. Sie finden ab 23. Juli trotzdem statt, nur halt ohne Zuschauer.

Bitten der Bevölkerung um eine erneute Verschiebung oder Warnungen von Experten wurden überhört. Japans Regierung wollte mit diesem Event, seit einem Jahr verschoben und fast 20 Milliarden Euro teuer, unbedingt ein Signal der neuen Stärke aussenden. Vorerst mutet es bloß wie Sturheit statt Voraussicht an.

Auch für das Internationale Olympische Komitee bleibt dieses Event ein riskanter Auftritt. 11.300 Athleten sind vor leeren Rängen am Start – bei Geisterspielen in einer Stadt, die bis 22. August im Corona-Notstand feststeckt. Welches Signal damit verschickt wird? Business um jeden Preis ist eine Option. Diese Spiele werden ein reines TV-Schauspiel.

Sportlerinnen und Sportler, die sich jahrelang darauf vorbereitet haben, sind trotzdem froh, antreten zu können. Dass Angst und großes Unbehagen mitreisen, kann keiner verhehlen.

Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die strikten Sicherheitsmaßnahmen greifen. Denn ein Corona-Cluster wäre fatal – freilich nur für Athleten. Denn sie müssen ja eine Erklärung unterschreiben, mit der sie das IOC im Fall einer Corona-Erkrankung aus der Haftung nehmen. Es sind Geisterspiele „auf eigene Gefahr“, in einer Stadt, die sich im Corona-Notstand befindet.

E-Mails: markku.datler@diepresse.com

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