Junge Forschung

Digitale Werkzeuge für den Mars

Befasst sich mit irdischen und außerirdischen Daten: Softwareingenieur Thomas Ortner vom Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung.
Befasst sich mit irdischen und außerirdischen Daten: Softwareingenieur Thomas Ortner vom Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung.Die Presse/Clemens Fabry
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Was die Stereoaugen der Mars-Rover am Roten Planeten aufnehmen, wird in der Forschungsgruppe von Thomas Ortner in dreidimensionale Darstellungen umgewandelt.

Das Foto mit den sechs auf den Kopf gestellten Baukränen im Büro von Thomas Ortner macht neugierig. „Sie wirken ein wenig wie Raumschiffe, die sich auf den Weg machen“, erklärt er. Das Bild ist Teil einer dreiteiligen Serie, die der Softwareingenieur in einem Fotokurs gemacht hat – ein Geschenk zum 30. Geburtstag. Die Interpretation passt zum Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des heute 37-Jährigen am Wiener Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VrVis). Denn Ortner wandelt Daten, die Mars-Rover der Weltraumagenturen Nasa und ESA mit ihren Stereokameras am Roten Planeten aufnehmen, in 3-D-Darstellungen um.

Auf diese Weise lässt sich der Mars für Geologen ein Stück weit auf die Erde holen. Sie können etwa Gesteinsformationen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, Rückschlüsse darauf ziehen, wo einst Leben möglich gewesen sein könnte, und vielversprechende Stellen orten, an denen der Rover künftig bohren soll. Ortner baut die digitalen Werkzeuge in enger Abstimmung mit den Geologen. Sie haben Lineal und Winkelmesser in der Feldarbeit ersetzt. Denn es sei auch auf der Erde ganz praktisch, Felsoberflächen digital nachbilden zu können, sagt er. Am Mars ginge es nicht anders: „Da hat man keine andere Wahl.“ In der Kooperation lerne jeder vom anderen. „Die Geologen erfahren, was mit Computergrafik und -visualisierung möglich ist, und ich lerne, deren Abläufe zu verstehen.“

Die Erde als Testgebiet für das Weltall

Zur Person

Die Forscherinnen und Forscher am VrVis sind darauf spezialisiert, Informationen aus großen Datenmengen herauszufiltern und sichtbar zu machen. Diese kommen von der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research, wo man ebenfalls mit den Daten arbeitet. Basis für die Berechnungen sei die Annahme, dass sich Gesteine und Ablagerungen im All und auf der Erde ähnlich verhalten, erläutert Ortner. Etwa, dass Wind und Flüssigkeiten Gesteine transportieren. Das wird in verschiedenen Regionen auf der Erde nachvollzogen. So ist die Wüste des US-Bundesstaats Utah ein beliebtes Testgebiet. Die Landschaft ähnle der auf dem Mars, sagt Ortner. Dort habe man in einer Schlucht auch einen eigenen Datensatz überprüft.

Wie fühlt es sich an, wenn eigenes Know-how im All unterwegs ist? Er baue ja nur die Werkzeuge für andere, die damit forschen, relativiert er zunächst. Doch es sei schon sehr spannend, wenn mit diesen dann etwas Neues gefunden wird. „Es gibt international nur wenige Tools, die Daten so darstellen“, sagt Ortner. Er selbst hat im Frühjahr seine Dissertation fertiggestellt. Darin hat er verschiedene Anwendungen der Datenvisualisierung verknüpft. Erstens habe er gezeigt, wie sich Information visualisieren und mit 3-D-Echtzeitgrafik zusammenführen lässt. „Wenn mich jemand nach einer einfachen Erklärung fragt, sage ich, dass ich Excel mit Computerspielen verbunden habe“, sagt Ortner schmunzelnd. Zweitens hat er sich mit Anwendungen im Tunnelbau befasst, etwa mit Prognosen, wie sich Risse an der Tunnelwand verhalten. Das erlaubt Prognosen, wann diese repariert werden muss. Und drittens hat er dargestellt, wie sich neu gebaute Häuser auf das Stadtbild auswirken.

Das Doktorat war mehr Herzenswunsch als berufliche Notwendigkeit. „Ich war der Erste in meiner Familie, der studiert hat“, erzählt Ortner, der heute die größte Arbeitsgruppe am VrVis leitet. Die Basis seines Wissens formte eine katholische Privatschule. „Es hat mir viel gebracht, ein Gymnasium mit großer inhaltlicher Breite zu besuchen und mich nicht zu früh zu spezialisieren. Technische Dinge ändern sich schnell und lassen sich eher anlernen als Allgemeinbildung“, sagt er. Ortner zeigte früh Interesse für Physik, studierte Software Engineering in Wien und Computer Graphics an der britischen University of Hull.

Und was freut ihn in seiner Freizeit? Laufen sei seine Leidenschaft, und beim Meditieren versuche er abzuschalten, sagt er. Zum Fotografieren kommt er heute kaum mehr. Dazu brauche man Zeit und Muße – und die fehlen ihm momentan.Thomas Ortner (37) leitet eine Arbeitsgruppe am Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis), die sich mit irdischen und außerirdischen 3-D-Geodaten befasst. Er absolvierte einen Master in Software Engineering an der FH Technikum Wien, einen weiteren für Computer Graphics in Großbritannien. Das Doktoratsstudium an der TU Wien schloss er Ende April mit Auszeichnung ab.

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