Bregenzer Festspiele

"Nerone" in Bregenz: Große Oper sieht anders aus

Als verrückter Kaiser Nero: der mexikanische Tenor Rafael Rojas.
Als verrückter Kaiser Nero: der mexikanische Tenor Rafael Rojas.Bregenzer Festspiele/Karl Forster
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Eine Rarität im Bregenzer Festspielhaus: Arrigo Boitos unvollendete Oper „Nerone“, musikalisch kompetent umgesetzt. Die Inszenierung von Olivier Tambosi will mehr, als sie halten kann.

Zu Beginn tönt ein Gesang über Liebe aus dem Off – Kaiser Nero deutet ihn als Klage der Erinnyen. Am Ende stehen nur die Worte „pace, pace“ (die Bitte um Frieden). Die inhaltlich große Klammer fehlt bewusst, denn alles scheint bloß Vision, Lug oder Trug, ein Traum oder Wahn, ein Mix aus Gut und Böse, eine Aneinanderreihung von Momenten und Situationen zu sein. Oper im herkömmlichen Sinn ist das nicht. Eher eine theoretische Auseinandersetzung mit der Kunstform Oper mittels einer Handvoll von Charakteren, die in Summe unser Menschsein, unsere Existenz ausmachen.

Für den Komponisten und Librettisten Arrigo Boito (1842–1918) war dieses Thema eine Lebensaufgabe, 60 Jahre lang beschäftigte ihn die Abfassung der Oper „Nerone“. Vollendet sind nur die ersten drei Akte, für den vierten gibt es Skizzen, aber keine Instrumentierung. Die Komponisten Smareglia und Tommasini sowie Arturo Toscanini erstellten eine vieraktige Spielfassung, die Toscanini 1924 an der Scala uraufführte. Die Bregenzer Festspiele investierten enormen Aufwand in die Wiederbelebung dieser Rarität. In Bregenz dirigierte Dirk Kaftan die bestens disponierten Wiener Symphoniker mit missionarischem Eifer und Sinn für fesselnde Dramatik. Das Resultat wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet, es entlässt das Publikum zweifelnd.

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