Befragung

Home-Office schadet Teamgefüge nicht

Gregor Käfer
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Der jüngste „Hernstein Management Report“ zeigt: 65 Prozent der Führungskräfte haben die Möglichkeit, auf Distanz zu arbeiten. Dabei verschwimmen Berufliches und Privates.

Auch die „Chefitäten“ können es sich offenbar nicht immer aussuchen: 65 Prozent der Führungskräfte haben die Möglichkeit, auf Distanz zu arbeiten, etwa im Home-Office. Vor Corona haben Führungskräfte rund 15 Prozent ihrer Arbeitszeit im Home-Office verbracht, derzeit sind es 52 Prozent. Das künftig beabsichtigte Ausmaß liegt bei 39 Prozent oder bei zwei von fünf Tagen, ergab der jüngste „Hernstein Management Report“. 54 Prozent der Führungskräfte meinen, dass Mitarbeitende auch in Zukunft von zu Hause aus arbeiten werden. Und in etwa ebenso viele sehen hohe Einsparungschancen der Unternehmen durch Desk-Sharing und meinen, dass Dienstreisen in Zukunft eine absolute Ausnahme darstellen werden.

Für 74 Prozent der befragten Führungskräfte verläuft die Grenze zwischen Privatem und Beruflichem im Home-Office fließend. Das fordert Führungskräfte in ihrer Führungstätigkeit. „Schon vor Corona und der breiten Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, haben sich die Welten vermischt. Wenn mich beispielsweise das Privatleben gerade belastet, wäre es eine Illusion, zu glauben, dass das keinen Einfluss auf die Arbeit hat“, sagt Michaela Kreitmayer, die Leiterin des Hernstein-Instituts.

„Natürlich mischen sich die Themen zu Hause noch stärker und es gibt einiges an Ablenkungspotenzial.“ Der Vorteil sei, dass sich der Tag besser einteilen und besser an den Biorhythmus anpassen lasse. „Das kann zu einer Effizienzsteigerung beitragen.“ Sowohl für das Privat- als auch für das Berufsleben sind die Themen Selbstmanagement und Selbstführung zu Hause noch ein Stück wichtiger. „Gut geplant in den Tag zu starten unterstützt jedenfalls die Produktivität. Führungskräfte nehmen auch eine gewisse Vorbildfunktion ein. Daher ist es einerseits wichtig, klar zu kommunizieren, wo die Grenzen für sie zu ziehen sind, und andererseits anzunehmen, wo die Grenzen für die Mitarbeitenden liegen“, sagt Kreitmayer. Ohne Verständnis für die zwei Welten, Privat- und Berufsleben, gehe es nicht, wenn zu Hause gearbeitet werde. „Wir durften durch die Pandemie mehr oder weniger alle lernen, mit Situationen, die wir nicht ändern können, gelassen(er) umzugehen.“

Zwischen den Zeilen lesen

Bemerkenswert ist ein anderes Ergebnis der Befragung: Home-Office schadet dem Teamgefüge nicht, eher im Gegenteil. „Das Teamgefüge auch in Distanz aufrechtzuerhalten ist ein Balanceakt. Da braucht es ein Gespür der Führungskräfte und noch mehr Sensibilität als in Präsenz, zwischen den den Zeilen zu hören und zu lesen“, sagt Kreitmayer.
Ihre Empfehlung: Neben effizienten Meetings gemeinsame Socializing-Zeit einzuplanen. Das können etwa ein Treffen in Breakout-Rooms sein, um miteinander ohne Agenda in Kontakt zu kommen.

Eine andere Möglichkeit ist es, Meetings nicht von Anfang bis zum Ende fachlich zuzupflastern, sondern ebenso Zeit für Zwischenmenschliches zu reservieren. „Ein Balanceakt ist es deswegen, weil es ein gewisses Zeitinvestment bedeutet – und wenn viel los ist, ist das letztlich ein bewusstes Reservieren dieser Zeit. Dieses Investment lohnt sich und kommt vielfach in der Arbeitsqualität und im Commitment zurück.“ (red.)

Zur Person

Michaela Kreitmayer leitet seit November 2016 das Hernstein-Institut, das mit dem „Management Report“ regelmäßig Führungskulturen untersucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31. Juli 2021)

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