Rot und Schwarz sind uneins über den eigenen Staatssekretär. Bei der Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer drängt Pröll nun zur Eile, diese sei für ihn "unverzichtbar", Gespräche darüber seien weit fortgeschritten.
Wien/ett. So kann sich eine Regierung interne Differenzen vorerst auch vom Hals schaffen: Bundeskanzler Werner Faymann würde zwar einen eigenen Staatssekretär als „Hilfe“ bei den Problemen um die Integration von Zuwanderern ansehen. Das sei eine „alte Forderung“ der SPÖ. Sein Koalitionspartner ÖVP winkt jedoch ab. „Wir sollten uns nicht anlügen, dass ein Posten und ein Staatssekretär die Lösung für eine derartige Querschnittsmaterie ist“, konterte der neben dem Regierungschef sitzende Vizekanzler Josef Pröll am Dienstag nach dem Ministerrat.
Vorerst keine Regierungsumbildung
Es gibt für die rot-schwarze Koalition auch einen formalen Grund, warum ein eigenes Regierungsmitglied für Integration derzeit kein Thema ist: Vorerst gibt es keine Regierungsumbildung. „Ich habe keine vor“, beteuerte Faymann. „Nein“, versicherte auch Pröll, er plane keine Umbildung des ÖVP-Teams. Einzige Ausnahme: die mögliche Nachbesetzung der nach Wien wechselnden Familienstaatssekretärin Christine Marek.
Jene Menschen, die am Sonntag bei der Wiener Wahl aus Protest gegen die Ausländerpolitik von SPÖ und ÖVP die FPÖ gewählt haben, wollen beide Koalitionsparteien freilich nicht kampflos den Freiheitlichen überlassen. Faymann sieht die Chance, diese Menschen bei der Nationalratswahl 2013 zurückzugewinnen. Die SPÖ werde bei der Integration „nicht wegschauen“.
Allerdings sind selbst bezüglich der Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer Differenzen nicht zu übersehen. Faymann verwies darauf, dass dieses Vorhaben im Koalitionsabkommen beschlossen wurde, für deren Einführung könne er keinen Termin nennen. Für Pröll ist die Karte „unverzichtbar“, Gespräche darüber seien – entgegen bisherigen Informationen der „Presse“ – weit fortgeschritten und sollen nun finalisiert werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2010)