Mordprozess I

„Ich wollte nicht, dass sie stirbt“

Ein aus Syrien Geflüchteter tötete seine Ehefrau mit fünf Stichen.

Wien. „Im Normalfall stirbt ein Mensch, wenn er fünf Mal gestochen wird. Aber das habe ich mir damals nicht gedacht. Ich wollte nicht, dass sie stirbt.“

So versuchte sich ein 52-Jähriger, am Freitag vor dem Richter zu rechtfertigen. Er ist angeklagt, im Februar seine Ehefrau mit einem sieben Zentimeter langen Obstmesser erstochen zu haben. Mit fünf Stichen.

Er habe die 45-Jährige geliebt. Sie habe sich aber nicht in seinem Sinne benommen, habe „die ganze Zeit am Handy geschrieben“. Und weiter: „Ich wollte nicht, dass sie eine schlechte Art kriegt. Ich wollte, dass sie sich auf uns konzentriert.“ Das Paar hatte 2002 in Syrien geheiratet, 2003 kam ein Sohn zur Welt, 2014 flüchtete der Mann nach Wien, zwei Jahre später kamen Frau und Kind nach.

Von diesem Zeitpunkt an sei die Ehe „alles andere als harmonisch verlaufen, wie Staatsanwältin Julia Kalmar berichtete. Der Mann habe der Frau Kontakt zu Männern und Ehebruch unterstellt, außerdem habe sie ihm ihr gemeinsames Haus in Syrien nicht überschreiben wollen. Wie Gerichtsmediziner Daniele Risser erläuterte, starb die Frau infolge der Stiche in den Hals, dürfte binnen kürzester Zeit verblutet sein.

Der Angeklagte behauptete, die Getötete habe nach dem Messer gegriffen. Er habe ein Frühstück zubereitet, sich ans Bett gesetzt, ihre Haare gestreichelt. Sie habe ihn getreten und beschimpft. Er habe ihr das Messer abgenommen: „Ich wollte sie beruhigen.“ Er habe sich „in einem Ausnahmezustand“ befunden: „Da habe ich nichts mehr gesehen. Es war wie ein Schleier. Bis jetzt weiß ich nicht genau, was geschehen ist.“ Vermutlich sei er „in Rage“ gewesen. Richter Christoph Bauer hatte eine Frage: „Wer war schuld an der Eskalation?“ Der Angeklagte: „Zu 90 Prozent sie.“ (APA/red.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2021)

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