"Energy Design" für Gebäude

Energy Design fuer Gebaeude
Energy Design fuer Gebaeude
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Aus der Forschung. Ein Gastbeitrag von Brian Cody, Vorstand des Instituts für Gebäude und Energie an der TU Graz. Er stellt die Entwurfsstrategie des "Energy Design" und das Konzept der "Building Energy Performance" vor, an dem Cody und sein Institut forschen.

Energy Design von Gebäuden ist die Entwicklung von Strategien und Konzepten während des Entwurfprozesses eines Gebäudes, welche zu einer Optimierung der Building Energy Performance - die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes - führen sollen. Das oberste Ziel dabei ist das „entstehen lassen" eines optimalen Innenklimas mit behaglichen, thermischen, raumklimatischen, akustischen, luft- und lichttechnischen Qualitäten und weniger die Planung der Geräten und Anlagen, welche u.U. eingesetzt werden, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

"Building Energy Performance"

Building Energy Performance bedeutet die Minimierung vom Gebäudeenergiebedarf bei gleichzeitiger Erreichung optimaler raumklimatischer Konditionen in den Räumen des Gebäudes und drückt die Energieeffizienz eines Gebäudes aus. Im Gebäudesektor wird der Begriff „Energieeffizienz" heute leider mit „Energiebedarf" und „Energieverbrauch" verwechselt. Energieeffizienz ist das Verhältnis zwischen Output (Nutzen) und Input (Ressourcen). Es geht darum, welchen Nutzen man aus der „verbrauchten" Energie zieht. Im Zusammenhang mit der thermischen Leistung von Gebäuden ist die Energieeffizienz als Verhältnis zwischen der Qualität des Raumklimas und der Quantität des Energieverbrauchs zu begreifen. Derzeit gültige Instrumente zur Regulierung der Energieeffizienz von Gebäuden behandeln jedoch nur den Energiebedarf und nicht die Energieeffizienz. Am Institut für Gebäude und Energie an der TU Graz haben wir die BEEP-Methode (Building Energy and Environmental Performance) entwickelt, mit der die tatsächliche Energieeffizienz eines Gebäudes festgestellt werden kann, so dass verschiedene Entwurfsoptionen wirklich miteinander verglichen werden können. Ergebnisse von Fallbeispielen, die mit dieser Methode untersucht wurden, zeigen eindeutig, dass niedriger Energieverbrauch mit einer hohen Energieeffizienz nicht gleichgesetzt werden kann. Auch die zunehmende Tendenz der Reduzierung auf einfache Rezepte sowie der Vorschreibung von Maßnahmen in Baugesetzen statt der Abfragung von Leistungen ist kritisch zu betrachten. Baugesetze sollen Performance verlangen und vorschreiben und nicht die Maßnahmen zur Erreichung der vorgeschrieben Performance vorschreiben. Darüber hinaus ist energieeffiziente Architektur als Triade aus minimiertem Energieverbrauch, optimalem Raumklima und hervoragender architektonischer Qualität zu begreifen. Wie oben erläutert ist es mittels der BEEP-Methode möglich, die ersten zwei Parameter zu kombinieren und objektiv zu ermitteln. Der dritte Parameter kann und muss ebenfalls evaluiert werden; natürlich jedoch nicht mit einer Zahl. Gerade dieser Aspekt hat im Namen des sogenannten energiesparenden Bauens in den letzen Jahren gelitten und dies ist eine Entwicklung, die wir uns nicht leisten können. Wenn man den Begriff der nachhaltigen Entwicklung ernst nimmt, muss man einsehen, dass mit einer solchen Entwicklung ein Verlust an der architektonischen Qualität unserer gebauten Umwelt nicht einhergehen darf.

Whole Systems Thinking

Um das Ziel einer hohen Building Energy Performance zu erreichen, ist das Denken in Systemen (Systems Thinking) und bei der Lösungsentwicklung die Betrachtung des Gesamtsystems notwendig. Wenn verschiedene alternative Lösungen verglichen werden, wird häufig lediglich die Energieeffizienz im Betrieb berücksichtigt. Wir müssen dabei viel holistischer vorgehen; auch die Herstellung, die Errichtung und die Entsorgung eines Gebäudes müssen berücksichtigt werden. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass die Betrachtung von Energieeffizienz auch über die Gebäudeebene hinaus und in die Stadt hineingehen muss.

Design from First Principles
Anstelle des Einsatzes von Standardlösungen und der Zusammenstellung von Standardkomponenten in sogenannten raumlufttechnischen Systemen können die naturwissenschaftlichen Prinzipien und Gesetzte der Physik, insbesondere der Thermodynamik, Wärmeübertragung und Strömungslehre, angewendet werden, um Gebäude und Gebäudeelemente zu entwickeln, welche das oben beschriebene Ziel erreichen. Dabei übernehmen diese verschiedenen Elemente stets mehrere Funktionen; räumliche, funktionale und energetische.

Nutzung der natürlichen Kräfte

Ein Gebäude wird geplant, um in einem natürlichem Umfeld mit sich ständig verändernden und meist stark schwankenden Konditionen (Temperatur, Feuchtigkeit, Luftbewegung, Licht, Akustik etc.) zu existieren und i.d.R. wollen wir dabei relativ konstante interne raumklimatische, akustische, luft- und lichttechnische Konditionen in den Räumen des Gebäudes aufrecht halten. Dieses Ziel kann auf zweierlei Weise erreicht werden; in dem die natürlichen Konditionen und Kräfte so weit wie möglich herausgehalten werden und die inneren Konditionen mittels (im besten Falle) energieeffizienten Gebäudetechniksytemen erzeugt und aufrecht gehalten werden oder aber in dem man durch die Form und Konfiguration der Gebäudeform, -konstruktion und -haut die natürlichen Konditionen und Kräfte nutzt, um zu den gewünschten inneren Konditionen zu gelangen. Während der letzten 50 Jahre wurden natürliche Kräfte wie Sonnenstrahlung und Wind von Gebäudeplanern als problematische Elemente gesehen, gegen welche schützende Gebäudeelemente und -maßnahmen zu entwickeln und einzusetzen waren, mit dem Ziel „künstliche" interne Raumklimaten zu erzeugen und aufrecht zu halten. Ich schlage einen anderen Ansatz vor; ähnlich wie die Strategien, die in asiatischen Kampfsporten angewandt werden, können die „angreifenden" Kräfte abgefangen und ausgenutzt werden, um einen Beitrag zur Schaffung des gewünschten Innenklimas für die Bewohner und Benutzer des Gebäudes zu erbringen. Als Beispiel dafür entwickeln wir zurzeit zusammen mit den Architekten Coop Himmelblau ein Hochhaus, das die vorliegenden Windkräfte nutzt, um eine natürliche Lüftung der Räume zu unterstützen. Zukunftsfähige Gebäude müssen so konzipiert werden, dass sie die instationären Energieflüsse in ihrem Umfeld einfangen und bestmöglich ausnutzen, um erstens optimale Innenklimate zu schaffen und dann darüber hinaus, um örtliche erneuerbare Energiemengen zu produzieren; sowohl für die Verwendung im Gebäude selbst als auch für den Export ins städtische Umfeld des Gebäudes.

Gebäude, die geben nicht nehmen

Unsere Forschungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass Gebäude in der Zukunft nicht nur die Energie, welche sie für ihren eigenen Betrieb benötigen, selbst erzeugen müssen, sondern, dass sie darüber hinaus als Energielieferanten für die Stadt dienen müssen; d.h. sie werden mehr Energie als sie selber benötigen, erzeugen müssen; Gebäude als Kraftwerke. Bisher hat man versucht bei der Gebäudeplanung die negativen Einflüsse des geplanten Objekts auf seine Umgebung zu minimieren. Das ist zu wenig. Wir müssen Gebäude konzipieren, welche ihre Umgebung möglichst positiv beeinflussen; Gebäude welche neben dem Energieexport in die Stadt ihre unmittelbare Umwelt mit mikroklimatischen Aufwertungen und Luftqualitätsverbesserungen bescheren.

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