Klima

Hitzestress: „Straße wird zur Kampfzone“

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Hitzewellen werden häufiger und intensiver. Die Folge: Mehr Unfälle, Gewalt und Aggression.

Wien. Im Juli 2021 wurden in Wien 19 Hitzetage verzeichnet. Vor dem Jahr 2000 waren es noch 4,4. Die Hitzetage, also Tage an denen die Temperatur über 30 Grad beträgt, haben sich demnach vervierfacht.

Durch den Klimawandel treten Hitzewellen immer häufiger auf. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit, kurz KFV, hat nun Daten zu den Folgen der steigenden Hitze dargelegt. Diese beeinflusst nämlich nicht nur Körper, Geist und Psyche, sondern auch Verkehr, Kriminalität und Gewaltbereitschaft.

Körper und Psyche

Durch Hitze werden vor allem das Herz- und Kreislaufsystem und die Atemorgane stark belastet, so Hans-Peter Hutter, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie mit Schwerpunkt Umweltmedizin. „Thermische Belastung bedeutet Stress für den Organismus“, sagt er.

Eine besondere Gefahr bestehe für Kinder und Säuglinge, Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. „Grundsätzlich wirkt sich der Hitzestress aber auf alle aus“, so Hutter. Neben der körperlichen sei auch die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.

„Die Effekte auf die Psyche sind beispielsweise Gereiztheit und erhöhte Aggressionsbereitschaft.“ Man hätte sogar einen Anstieg von Ängsten und Depressionen festgestellt, erzählt Hutter. Dadurch könne dann Kraft für andere Herausforderungen, wie etwa das Autofahren oder Arbeiten, fehlen.

„Hitzewellen sind wirklich kein Spaß. Gerade der Straßenraum mutiert während einer Hitzeperiode zur Kampfzone“, so der Mediziner.

Verkehr

Dies wird durch Daten des KFV nur allzu deutlich. „An Hitzetagen gibt es um 73 Prozent mehr Verkehrsunfälle und dabei 57 Prozent mehr Todesopfer zu beklagen als an normalen Tagen“, sagt Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumsschutz im KFV.

Fahrradunfälle gäbe es dreimal so viele, Motorradunfälle kämen sogar sechsmal so oft vor. „Die Fahrfehler nehmen an Hitzetagen signifikant zu. Aber auch an Nicht-Hitzetagen mit beispielsweise 28 Grad passieren bereits doppelt so viele Fahrfehler wie an kühleren Tagen.“

Außerdem werde laut KFV die Reaktionszeit stark beeinträchtigt. Bei Temperaturen von 27 Grad sei diese bereits um 20 Prozent erhöht. Das heißt: „Fährt man 50 km/h, ist der Anhalteweg an Hitzetagen durchschnittlich drei Meter länger. Diese drei Meter können im Straßenverkehr über Leben und Tod entscheiden“, so Kaltenegger.

Kriminalität und Gewalt

Auch zwischen dem Kriminalitätsgeschehen und Hitzetagen gibt es einen Zusammenhang, wie das KFV feststellte. Zwar nehmen die Wohnungseinbrüche an Hitzetagen deutlich ab, dafür nehme Brandstiftung während Hitzewellen zu, so Kaltenegger. Eine weitere Erkenntnis: „Am Ende und kurz nach langen Hitzeperioden werden auch Gewaltverbrechen mehr“, führt er aus.

Ausblick

„Hitze ist ein umweltmedizinisches Kernthema, wird aber von vielen Menschen unterschätzt“, sagt Hutter. Eine Erhebung des KFV zeichnet ein pessimistisches Bild: 71 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Naturgefahren zukünftig noch größere Schäden anrichten werden.

Maßnahmen wie morgendliches Lüften, häufige Fahrpausen, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und das Vermeiden von Mittagshitze hätten kurzfristige positive Effekte. „Langfristig braucht es aber nachhaltige Lösungsstrategien“, so Kaltenegger.

(mai)

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