Todesfall

Liechtensteins Fürstin Marie gestorben

Reuters
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Der Gesundheitszustand der 81-Jährigen hatte sich nach einem Schlaganfall vor wenigen Tagen stetig verschlechtert. Am Samstag starb sie in einem Spital in der Schweiz.

Das wirklich sehr kleine Nachbarland Österreichs im Westen trauert: Fürstin Marie von und zu Liechtenstein, die Gattin von Fürst Hans-Adam II. verstarb am Samstag mit 81 Jahren in einem Krankenhaus in Grabs (Schweizer Kanton St. Gallen), wie das Fürstentum in einer Stellungnahme mitteilte. Der Gesundheitszustand der Fürstin habe sich nach einem Schlaganfall am Mittwoch stetig verschlechtert. Sie sei "im Beisein der Familie und nach Empfang der heiligen Sterbesakramente friedlich und in grossem Gottvertrauen entschlafen", hieß es.

Das 160 Quadratkilometer große und sehr vermögende Land mit seinen rund 39.000 Einwohnern hatte erst am 15. August den Nationalfeiertag begangen. Die Fürstin war sozial sehr engagiert und kunstaffin. Zuletzt war sie nur noch selten öffentlich erschienen.

Fürstin Marie - voller Name: Marie Aglaë Bonaventura Theresia von und zu Liechtenstein, Herzogin von Troppau und Jägerndorf, Gräfin zu Rietberg, geborene Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau - wurde 1940 als viertes von sieben Kindern in Prag geboren. Das Schloss ihres Vaters war bei Horažďovice im Bezirk Klatovy im Südwesten von Böhmen nahe Pilsen.

Ausbildung zur Grafikerin

Die Familie musste 1945 nach Deutschland fliehen. Dort ging Marie zunächst in Ering am Inn (Bayern) zur Schule, danach bis zur Matura im Benediktinerinnen-Internat und Realgymnasium der Heimschule Kloster Wald im Landkreis Sigmaringen (Baden-Württemberg). 1957/58 machte sie eine Sprachreise nach England und studierte danach an der Akademie für Gebrauchsgraphik in München. Eine weitere Sprachreise führte sie nach Frankreich. Bis 1965 arbeitete sie als Grafikerin in einer Druckerei in Dachau bei München.

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FILES-AUSTRIA-LIECHTENSTEIN-MARIE-OBITUARYAPA/AFP/ALEXANDER KLEIN

1967 heiratete Marie den damaligen Erbprinzen von Liechtenstein, Hans-Adam II. (*1945 in Zürich), der 1989 nach dem Tod seines Vaters, Franz Josef II., die Amtsgeschäfte übernahm. Die Hochzeit fand 1967 statt. Das Paar hat insgesamt vier Kinder. Drei Jahrzehnte stand Marie dem Liechtensteinischen Roten Kreuz vor.

Milliardenvermögen

Unter der Ägide von Hans-Adam II. seit 1989 wurde das hochindustralisierte und auch auf Finanzgeschäfte spezialisierte Land Mitglied der UNO und des Europäischen Wirtschaftsraumes EWR. 2004 setzte er seinen Sohn Alois (*1968) als Stellvertreter ein und übergab ihm faktisch die Staatsgeschäfte. Der Fürst ist seither primär privatwirtschaftlich tätig, vor allem im Rahmen der Privatbbank LGT. Sein Vermögen wurde 2008 auf mehr als fünf Milliarden Euro geschätzt, dazu kommen angeblich mehrere Milliarden der übrigen Familienmitglieder.

Liechtenstein, wo auch Tausende Grenzgänger aus der Schweiz und Österreich (meist Vorarlberger) arbeiten, ist eine konstitutionelle Erbmonarchie. Der Fürst kann unter anderem die Regierung und das Parlament auflösen und Volksentscheide außer Kraft setzen. Die Familie Liechtenstein, die erstmals im 13. Jahrhundert namentlich auftaucht, hat indes ihren Stammsitz in der gleichnamigen Burg nahe Mödling (Niederösterreich) und erwarb Ländereien im heutigen Tschechien.

Als Staat existiert Liechtenstein seit 1719. Früher hatte das Gebiet, aufgeteilt auf zwei regionale Herrschaften (Vaduz und Schellenberg), den Grafen von Hohenems gehört, die sich aber schwer verschuldeten und die Gebiete 1699 bzw. 1712 verkauften - an Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein. 1719 wurden die Territorien durch Kaiser Karl VI. vereinigt und zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben, das noch lange aus Feldkirch (Vorarlberg) aus in erster Instanz verwaltet wurde, weil es in dem Landstreifen am Rhein mit seinem Grenzgebirge zu Vorarlberg nur Bauerndörfer gab.

Wolfgang Greber

Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns löste der Landtag von Liechtenstein 1919 den Zollverein mit der Monarchie und schloss 1923 einen mit der Schweiz, deren Bestandteil Liechtenstein aus wirtschaftsrechtlicher Sicht blieb. Das generelle Rechtswesen orientiert sich indes bis heute strukturell und inhaltlich großteils an Österreich, im Land sind viele Juristen von dort tätig und der Präsident des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs in Vaduz ist typischerweise aus Österreich bzw. aus dem Oberlandesgericht Innsbruck.

Der legendäre Fürst

Ihren dauerhaften Sitz verlegten die Fürsten von Liechtenstein indes erst nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 nach Vaduz. Damals zog Fürst Franz Josef II. (1906-1989, Herrschaft ab 1938) aufgrund seiner Ablehnung des Nationalsozialismus von Ostösterreich bzw. Südmähren nach Liechtenstein, auf Schloss Vaduz. Unter ihm begann die Entwicklung des Landes zu einem modernen und industrialisierten Kleinstaat.

(APA/wg)

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