Albertina

Trau' nicht dem American Dream

Das ist kein Sonnenuntergang, fotografiert von Stephen Shore in der „West 9th Avenue, Amarillo, Texas, October 2, 1974“.
Das ist kein Sonnenuntergang, fotografiert von Stephen Shore in der „West 9th Avenue, Amarillo, Texas, October 2, 1974“.Albertina/Stephen Shore
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Die bisher umfassendste Übersicht über die amerikanische Fotografiegeschichte seit 1945 stemmte das Museum großteils allein – ausgerechnet der vorige US-Botschafter in Wien konnte helfen, einige Lücken zu schließen.

Angenommen, sein Haus würde brennen und er könnte nur ein Stück seiner kapitalen Fotosammlung retten: „Ich würde dieses nehmen“, sagt Tech-Unternehmer Trevor D. Traina, bis vor Kurzem US-Botschafter in Wien, derzeit Hauptleihgeber der Albertina-Ausstellung „American Photography“, ein krönendes diplomatisches Abschiedsgeschenk, das ihn zumindest feuertechnisch ruhig schlafen lassen sollte. Wo Traina steht? Vor William Egglestons (*1939) „Greenwood, Mississippi“, hinter dessen lapidarem Titel sich eine Ikone der Fotografiegeschichte verbirgt, bekannt unter dem (falschen) Namen „The Red Ceiling“.

Zu sehen ist: die sattrote Decke eines schäbigen Zimmers, eine nackte Glühbirne, drei weiße Stromkabel, die sie perspektivisch einspannen, der Anschnitt eines Plakats mit diversen Sexstellungen. Ein Puff? Ein fragwürdiges Etablissement allemal. 1973 mit viel Humor aufgenommen, kam in diesem himmelwärts gerichteten Blick zusammen, was die Fotokunst bis heute prägt: ein Hang zu Abseitigem und zu leuchtenden Farben. Damals waren diese noch eine Provokation, sprach man doch bis in die späten 1960er hinein Fotografie intellektuelle Wertigkeit nur in Schwarzweiß zu. Farbe galt, pardon, als „vulgär“ (Walker Evans). Und die Fotokunst als solche noch lang nicht anderen Medien der bildenden Kunst ebenbürtig.

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