Literatur

Michael Köhlmeier: Exzesse einer Fellnase

Clemens Fabry
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Von der Französischen Revolution bis zu Andy Warhols New York: Michael Köhlmeier lässt in seinem Roman „Matou“ einen Kater aus seinen abenteuerlichen sieben Leben berichten.

Michael Köhlmeiers Held und Erzähler ist wahrlich keiner, der sein Licht unter den Scheffel stellt: „Ich bin ein gebildeter Kater. Ich habe den Koran gelesen und das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten.“ Als er seinen intellektuellen Steckbrief der Katzenkollegin und koketten Todesbotin Biondetta unter die Nase reibt, steckt Matou im dritten seiner sprichwörtlichen sieben Leben, hat bereits „die großen Revolutionäre reden hören, Robespierre, Danton, Saint-Just“, hat von E. T. A. Hoffmann Lesen und Schreiben gelernt und „mit Adelbert von Chamisso, Josef von Eichendorff und Novalis zwar nicht diskutiert, aber ihren Diskussionen gelauscht“.

Die 954 Seiten, die uns vorliegen, sind Matous Memoiren, sein Versuch, „einen Kater in seiner ganzen Naturwahrheit“ zu zeigen. Wenn er von einem Unternehmen spricht, „welches beispiellos dasteht“, dann stimmt das freilich nicht, und er ist der Erste, der das wissen müsste. Schließlich hat eben jener E. T. A. Hoffmann vor zweihundert Jahren die „Lebens-Ansichten des Katers Murr“ publiziert, als dessen Vorbild Matou sich outet, wenngleich sein literarisches Konterfei, ein „selbstgefälliger, aufgeblähter, behäbiger Spießer“, nichts mit ihm gemein habe. Spätestens da ahnt der Leser, dass es auch dem Schöpfer des Matou um eine satirische Wirkung zu tun war. Während Hoffmann mit seinem denkenden, sprechenden und dichtenden Kater schwärmerische Konkurrenten ebenso aufs Korn nahm wie den zeitgenössischen Bildungsroman, wird nicht wirklich klar, wogegen Köhlmeier seine ironischen Spitzen in Stellung bringt. Denn hie und da zeigt sich der autodidaktische Tausendsassa selbstkritisch, erwähnt etwa seine „Besserwisserei“. Mitunter äußert er Ansichten, etwa über seinen Stil („Ich habe ein Faible für lange Sätze“), die Sprache der Tiere oder die fragwürdige Verquickung von ästhetischem Urteil und Moral, mit denen sein Autor offenkundig sympathisiert.

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