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Fasten, Blut trinken, Kätzchen speien

Reuters
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Nicole Kidman bietet eine Wellness-Tortur, eine Vampirin kurbelt das Bestattungsgeschäft an, eine Ehefrau torkelt zwischen Sitcom und Drama: Ein Blick auf neue Serien, die sehenswert sind – und solche, die man auslassen kann.

Nine Perfect Strangers

Star-Glamour im Dschungelcamp

Sackhüpfen, wer kennt das heute noch? Als „ideale Kombination von Bewegung und Lachen“ wird die Kindergeburtstagsbeschäftigung von einst im noblen Wellness-Resort Tranquillum empfohlen, wo eine russische Diva namens Masha (großartig wie stets: Nicole Kidman) mit sanftem Ton und eiserner Hand regiert. Die Opfer ihrer Heilkunst sucht sich Masha selbst aus, 90 Prozent der Bewerber werden abgewiesen. Jene, die in den exklusiven Gesundheitstempel eintreten, müssen – getreu Dantes Wort über die Hölle – alle Hoffnung fahren lassen, vor allem aber Handys, Pillen und Wodka.

Das klingt lustiger, als es ist, in dieser Geschichte über neun schwer Gestörte in einer luxuriös verbrämten „Dschungelcamp“-Variation. Diese ist allerdings fein besetzt mit Hollywood-Größen wie Melissa McCarthy, Michael Shannon oder Luke Evans. Die Typen und treffende Dialoge machen die Qualität der Serie aus, weniger die leicht abgedroschene Story selber, die in ihrem schaurigen Pathos zeitweise an die unsägliche „Zauberberg“-Paraphrase „A Cure for Wellness“ erinnert.

Gedreht wurde „Nine Perfect Strangers“ in Australien, im Retreat Soma in Byron Bay, wo drei Tage für zwei 4000 Euro kosten. Schreck lass nach. (bp) Amazon

Brand New Cherry Flavor

Rachefantasie mit Kätzchen

Die junge Filmemacherin Lisa Nova (herausragend: Rosa Salazar) kommt nach Los Angeles, wo sie von einem Filmproduzenten zuerst umworben, dann bedrängt und schließlich betrogen wird. Sie sinnt auf Rache und sucht Hilfe bei einer Hexe (Catherine Keener). Spätestens ab hier wird es schräg: Lisa beginnt kleine Kätzchen zu speien, hat Halluzinationen und wird von einem alienartigen Wesen verfolgt. „Brand New Cherry Flavor“ ist eine Rachefantasie, die man als Antwort auf #MeToo und Harvey Weinstein verstehen kann, sowie eine Hommage an Filmemacher wie David Lynch. Das macht die Handlung einerseits unberechenbar, erfordert über acht Folgen aber auch Geduld. Jedenfalls keine Massenware. (her) Netflix

Kevin Can F**k Himself

Halb Sitcom, halb Drama

Er sitzt auf der Couch und macht schlechte Witze, sie bringt ihm lächelnd Bier und ist viel attraktiver als er – und die Lacher aus der Konserve segnen die klischeehafte Anordnung verlässlich ab: Klar könnte man anhand der Rollenbilder alter US-Sitcoms auch über den Zustand der Gesellschaft diskutieren. Diese neue Serie versucht das, liefert aber nicht viel mehr ab als einen formalen Trick: Ist die 35-jährige Spirituosenverkäuferin Allison (Annie Murphy aus „Schitt's Creek“) bei ihrem Mann, dem unsäglich nervenden Kindskopf Kevin, gehen grelle Wohnzimmerbeleuchtung und Lachkonserve an: das Leben, eine Sitcom. Ist Allison allein, wird das Bild düster und man hört das Pfeifen in ihrem gequälten Kopf. Ihr Ausbruchsversuch wirft Schlaglichter auf eine desillusionierte US-Arbeiterklasse, Opioidmissbrauch und toxische Beziehungen, findet aber zwischen Mordfantasien-Drama und TV-Metakritik keinen überzeugenden Ton. (kanu) Amazon

Post Mortem

Norwegischer Vampir-Genremix

Kurz war sie tot. In Plastik gewickelt von ihrer schockierten Bestatter-Familie, auf den Autopsietisch gehievt. Dann wacht Live, Anfang 30, pumperlgesund auf – und entwickelt ungeahnte neue Merkmale, darunter einen Gusto auf Blut . . . Wie praktisch für das morsche Familienbusiness! Spannend und mit morbidem Humor erzählt diese norwegische Serie von einer Vampirin in einem beschaulichen Dorf, die lernen muss, mit ihrem inneren Monster klarzukommen. (kanu) Netflix

Hit & Run

Thriller von und mit Lior Raz

Ein bisschen verwundert dieses Paar schon: Was findet die amerikanische Tänzerin Dani an dem Israeli Sergev? Neben der Grazie wirkt der Touristen-Guide mit dem Stiernacken umso plumper. Doch offenbar leben sie glücklich in Tel Aviv zusammen. Später wird sein bester Freund sagen, es sei klar gewesen, dass mit dieser Frau etwas nicht stimmte. Sie sei viel zu attraktiv gewesen für einen Mann wie ihn.

Später, das ist nach dem Tod von Dani, da hat sich der Unfall mit Fahrerflucht schon als Mord erwiesen und die Serie, die als Drama anlief, zum soliden (wenn auch nicht überragenden) Thriller entwickelt. Sergev (Lior Raz) sieht man bald kaum noch ohne Blut an den geschundenen Händen. Ihn kennt man bereits aus einer ähnlichen Rolle, als beinharten Kämpfer in der Terrorserie „Fauda“. Wie dort hat er auch am israelisch-amerikanischen „Hit & Run“ mitgeschrieben. Die Serie entspinnt sich zwischen Tel Aviv und New York, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Die zentrale Frage, ob es nun um Israel und die USA geht oder, nicht weniger kompliziert, um Sergev und seine Frau (uneinschätzbar: Kaelen Ohm), ist bei Thrillern hoch beliebt: Wem kann ich vertrauen? (rovi) Netflix

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