Peter HENISCH (Archivbild)
Literatur

„Jahrhundertroman“: Die Sucht nach dem Buch

Dank eines Kunstgriffs lässt Peter Henisch Schriftsteller aus längst vergangenen Tagen wiederauferstehen. Ein Plädoyer für das Lesen.

Dieser Titel lässt aufhorchen: „Der Jahrhundertroman“, das kann zweierlei implizieren. Entweder will er andeuten, dass es sich um ein „Jahrhundertwerk“ handelt, das eine herausragende Stellung in der kontemporären Literatur einnimmt und für sich beansprucht, ganz oben zu rangieren, oder der Roman beschreibt die Zeitspanne eines Jahrhunderts. Zweiteres ist der Fall. Nicht Henisch legt den „Jahrhundertroman“ im Übrigen vor, sondern er macht ihn zu einem Projekt seines Protagonisten, eines älteren Herrn namens Roch. Der Gedanke, dass Roch so etwas wie das Alter Ego von Henisch ist, drängt sich auf, ist aber mit keinem Wort gesagt. Enthält nicht jedes literarische Werk auch viel Eigenes, Autobiografisches?

Es stellt sich zuerst die Frage nach dem Weshalb. Was hat Roch – Henisch? – dazu bewegt, ein solches Projekt, das von Natur aus nicht ganz unproblematisch ist – „Es gab auch Probleme, die, wie er betonte, im Wesen des Projekts lagen“ –, in Angriff zu nehmen? Immerhin habe es mehrere Anläufe gebraucht, und davon, dass Roch nun am Ziel angelangt sei, kann nicht die Rede sein. Die Antwort auf die oben gestellte Frage ist „Nostalgie“. Es ist die Sehnsucht nach einer verlorenen Ära, in der „Literatur noch etwas bedeutet hat“ und „die jungen Menschen literatursüchtig waren“, die ihn zu seinem Jahrhundertprojekt angetrieben hat. Diese goldenen Zeiten – das 20. Jahrhundert – seien nun vorbei. Jetzt lebe man in „Fast-Food-Zeiten“, in denen „ein Satz über mehr als zwei Zeilen, ein Satz mit mehr als bloß Satzgegenstand und Satzaussage“, die Menschen überfordere. In langen Sätzen zu sprechen oder gar zu schreiben sei heutzutage schon ein „Anachronismus“, resümiert Roch in einem der Gespräche Lisa gegenüber, jener jungen Frau, die ihn bei der Vollendung seines Projekts unterstützen soll.

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