Pandemie

Italien diskutiert über Ausdehnung des Grünen Passes

Die Regierung will die Impfpflicht in Unternehmen ausweiten. Angedacht werden Behördenmitarbeiter oder Bereiche der privaten Wirtschaft.

Italien streitet über die von der Regierung in Erwägung gezogene Möglichkeit, den sogenannte Grünen Pass auf mehrere Berufsgruppen auszudehnen. Denkbar sind Behörden oder Bereiche der privaten Wirtschaft, berichteten italienische Medien am Samstag. Über die Aussicht, den Grünen Pass auszudehnen, will die Regierung am Montag mit dem Unternehmerverband Confindustria und den Gewerkschaften Beratungen führen.

In Italien gilt derzeit eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal. Seit dieser Woche dürfen Lehrer und Universitätsprofessoren lediglich mit einem Grünen Pass arbeiten. Wer keinen Grünen Pass vorweist wird ohne Gehalt vom Dienst suspendiert. Seit Mittwoch dürfen nur Leute auf Inlandsflüge, in Fernbusse oder -züge, Museen und Innenbereichen von Restaurants, die den "Grünen Pass" als Nachweis einer Impfung, Corona-Genesung oder eines Negativtests besitzen; Italien erkennt dabei den in der EU gültigen Corona-Pass an. Kinder unter zwölf Jahren sind davon ausgenommen.

"Der grüne Pass ist eine italienische und europäische Erfolgsgeschichte. Italien muss nun diese Erfolgsgeschichte ausdehnen und sie auf die gesamte Welt der öffentlichen und privaten Arbeit ausbreiten", betonte der Minister für öffentliche Verwaltung, Renato Brunetta, am Samstag. "Ich bin mit Großbritanniens Expremier Tony Blair einverstanden, als er forderte, den Grünen Pass auf alle G20-Länder auszuweiten, um die Mobilität und die Effizienz des Systems in den großen Ländern zu verbessern, was die gesamte Arbeitswelt und die sozialen Beziehungen sicherer macht", fügte Brunetta hinzu.

Ähnlicher Ansicht ist die Demokratische Partei (PD), drittstärkste Regierungspartei im italienischen Parlament. "Wir unterstützen die Regierung bei allem, was die Ausweitung der Impfpflicht und des Grünen Passes betrifft, denn wenn wir Freiheit und die Wiederaufnahme von Aktivitäten wollen, müssen wir bei der Anwendung der Regeln ernsthaft sein: Wir unterstützen, was die Regierung Draghi tut", sagte PD-Chef Enrico Letta.

"Ich bin der Meinung, dass es an allen Arbeitsplätzen umso besser ist, den Impfzwang und die Pflicht zur Ausstellung eines Grünen Passes auszudehnen, wobei diese Vorschriften flexibel und mit gesundem Menschenverstand anzuwenden sind", so Letta.

Salvini erwartungsgemäß gegen Impfpflicht

Eine von Premier Mario Draghi in Aussicht gestellte Impfpflicht, sollte bis Ende September keine Herdenimmunität von 80 Prozent der geimpften Bevölkerung in Italien erreicht werden, sorgt für Auseinandersetzungen in der Regierungskoalition. Lega-Chef Matteo Salvini sprach sich trotz Draghis Kritik an der Lega weiter klar gegen die Einführung einer Impfpflicht aus.

"In keinem anderen europäischen Land besteht ein Impfzwang", warnte Salvini. Ein Impfzwang gelte bereits für das Gesundheitspersonal. Salvini wehrt sich auch gegen eine von der Regierung geplante Verschärfung der Anti-Corona-Restriktionen. Für die Impfpflicht sprachen sich dagegen die Sozialdemokraten (PD) und die Mitte-Links-Kraft "Italia Viva" aus, die ebenfalls der Regierungskoalition angehören.

Am sechsten Samstag infolge wurden in den italienischen Großstädten gegen den Grünen Pass und die mögliche Einführung des Impfzwangs demonstriert. In Rom skandierten die auf der Piazza del Popolo versammelten Demonstranten Parolen wie "Freiheit, Freiheit" und gegen die "Gesundheitsdiktatur". Sie kündigten Protestkundgebungen jeden Samstag bis zur Abschaffung des Grünen Passes an, den sie als Instrument der Regierung kritisierten, um auch Menschen zur Impfung zu zwingen, die von den Vakzinen nicht überzeugt seien.

(APA/DPA)

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