Musikwissenschaft

Der bittere Klang des Klimawandels

Musikalische Großevents geraten zunehmend in Klimakritik (Bild: Billie Eilish bei den Brit Awards).
Musikalische Großevents geraten zunehmend in Klimakritik (Bild: Billie Eilish bei den Brit Awards). REUTERS
  • Drucken

Die musikalische Reflexion des Mensch-Natur-Verhältnisses hat eine lange Tradition. In Klimawandelzeiten klingt das mitunter apokalyptisch – die Musikbranche selbst ist dabei auch Teil des Problems.

Es bleibt beim Wunsch. Das soeben erst gewachsene reinweiße Flügelpaar versagt und das Wesen fällt wie ein Stein vom Himmel. Ein Engel? Luzifer? Es landet jedenfalls geradewegs in einer Öllache, aus der es sich – die Flügel schwarz verklebt – nur mit Mühe befreien kann. Gerade rechtzeitig, bevor das Öl lichterloh zu brennen beginnt. In den Flammen zeichnen sich immer mehr tanzende Frauensilhouetten ab. Das apokalyptische Szenario scheint perfekt. Nicht umsonst heißt der Song der US-amerikanischen Popsängerin Billie Eilish „Good Girls Go to Hell“. Und die Hölle? Sie ist auf Erden. Das Musikvideo verstört. Es soll, so die Sängerin in einem Interview, als Metapher für die globale Erwärmung und die Mitschuld der Menschen daran gelesen werden.

Die Erderwärmung hörbar machen

Doch nicht nur in popkulturellen Musikstücken findet die Brisanz des Klimawandels seit wenigen Jahren ihren Niederschlag. Diese rütteln nicht nur auf, sondern übersetzen wissenschaftliche Erkenntnisse in Töne und Melodien. „Musik kann Wissen vermitteln, indem es Fakten hörbar macht und sie uns so näherbringt“, sagt die Musikwissenschaftlerin Martina Fladerer, die sich als Mitglied des Doktoratskollegs „Künste und ihre öffentliche Wirkung“ der Universitäten Salzburg und Mozarteum Salzburg damit auseinandersetzt. „Das gelingt unter anderem durch Data Sonification.“

Beispiele dafür sind die Komposition „A Song of Our Warming Planet“ des Cellisten Daniel Crawford und das Chor-Arrangement „Four Drifting Seasons“ von Merlijn Twaalfhoven, die Klimadaten der vergangenen 140 Jahre zu Musik machen. Solche Hörerlebnisse aktivieren auf ganz anderer Ebene als reine Fakten, betont Fladerer. „Das erlaubt der Musik, zu einem Puzzleteil der Lösung der Klimaproblematik zu werden. Bei dieser transdisziplinären Aufgabe muss man an vielen Schrauben drehen, damit sich etwas bewegt.“ Aufrütteln, informieren, trösten, aktivieren – all diese Möglichkeiten stecken in der Musik. „Sie kann als Katalysator eingesetzt werden, um Dinge besser zu verstehen, um zu begreifen, wie ernst es ist, aber auch, um die Konsequenzen auszuhalten“, sagt Constanze Wimmer, Professorin für Kunstvermittlung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.