Literatur

Venus und Virus

Egyd Gstättner wagt mit „Leopold der Letzte“ eine Satire auf den Geschlechterkampf.

Von der Kritik verkannt und unter untreuen Ehefrauen leidend: Leopold von Sacher-Masoch und sein literarischer Biograf Xaver Saxer haben es nicht leicht. Sacher-Masochs Kindheit prägten außer „der lieben Mama und der schönen Amme“ noch die peitschend-majestätische Tante. Gstättner schafft in „Leopold der Letzte“ eine Handvoll überzeichneter Figuren im stereotyp angelegten Machtkampf der Geschlechter und spannt dabei einen Bogen von Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Derart zerstörende Kraft geht von der Verbindung zwischen Frauen und Männern aus, dass selbst ein Europa lahmlegendes Virus, das dem Coronavirus täuschend ähnlich ist, im Roman unheilvoll Feminacapta genannt wird.

„Gestern stand in der Zeitung, dass ich gestorben war“, so kühn beginnt der Ich-Erzähler Saxer seine Ausführungen. Der Tod überraschte und verhinderte die Fertigstellung seines Hauptwerks über Sacher-Masoch. Aktuell weilt er als Seele auf dem Sofa und als Körper im Gefrierschrank, da die Pandemie sein Begräbnis verhindert. Von diesem bizarren Szenario ausgehend, entwickelt Gstättner eine gewitzte Form des Erzählens. Der Roman besteht aus Passagen über Sacher-Masoch und kommentierenden Teilen Saxers, der sich – im Geflecht sich verzweigender Ebenen und Perspektiven – als Figur zunehmend Gehör verschafft.

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