Autoritärer algerischer Ex-Präsident Bouteflika gestorben

Schon vor Jahren gab es Spekulationen, dass Abdelaziz Bouteflika bereits tot sein könnte.
Schon vor Jahren gab es Spekulationen, dass Abdelaziz Bouteflika bereits tot sein könnte.(c) APA/AFP/RYAD KRAMDI
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Das Verhalten des Machthabers und die Massenproteste gegen ihn hatten das nordafrikanische Land in eine tiefe Krise gestürzt.

Der frühere algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Das berichtete das algerische Staatsfernsehen. Die Massenproteste gegen den langjährigen Präsidenten hatten das größte afrikanische Land 2019 in eine tiefe politische Krise gestürzt. Bouteflika hatte das nordafrikanische Land fast 20 Jahre lang mit harter Hand regiert und dabei auch den Arabischen Frühling überstanden.

Zu seinem Sturz am 2. April 2019 trug auch sein massiv
verschlechterter Gesundheitszustand bei. Schon damals war darüber
spekuliert worden, ob er überhaupt noch am Leben sei. Bouteflika,
der von 1963 bis 1979 Außenminister seines Landes gewesen war,
schrieb sich mit der Beendigung des blutigen Bürgerkriegs im Jahr
2002 in die Geschichtsbücher ein.

Die algerische Armee hatte im Jahr 1992 gegen die Islamische
Heilsfront (FIS) geputscht, nachdem diese die Parlamentswahl
gewonnen hatte. Bouteflika hielt sich in diesem Kampf zunächst
zurück, trat dann aber 1999 mit Unterstützung der Armee bei der
Präsidentenwahl an, die er mit 74 Prozent der Stimmen gewann. Danach
errichtete er ein autoritäres Regime und ließ zwei Mal die
Verfassung ändern, um sich eine dritte und vierte Amtszeit als
Präsident zu sichern. Als er 2019 noch ein fünftes Mal kandidieren
wollte, trugen ihn Massenproteste mit Millionen Teilnehmern aus dem
Amt.

Partner im Kampf gegen den Terror

Im Westen galt Bouteflika als verlässlicher Partner im Kampf
gegen den Terror, in Algerien verblasste jedoch sein Nimbus als
Stabilitätsfaktor bald. In den letzten Jahren seiner Amtszeit trat
der nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzende Präsident kaum
noch öffentlich in Erscheinung. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin
Angela Merkel musste 2017 einen Besuch in letzter Sekunde absagen,
weil es der Gesundheitszustand Bouteflikas nicht zuließ.

Wegen der Proteste entzog das Militär Bouteflika die
Unterstützung, und er trat Anfang April 2019 wenige Tage vor Ende
seiner vierten Amtszeit zurück. Die Proteste in Algerien hielten
jedoch an. In Nachfolger Abdelmadjid Tebboune an der Staatsspitze
und der Regierung sehen die Demonstranten die Fortsetzung der alten
Machtelite Bouteflikas. Sein Rücktritt ließ jedoch Raum für neue
Machtkämpfe: Der jüngere Bruder und Berater des Präsidenten, Said
Bouteflika, der vielen Beobachtern als potenzieller Nachfolger galt,
wurde ebenso verhaftet wie viele Wirtschaftsbosse algerischer
Unternehmen. Die Wirtschaftslage verbesserte sich auch nach dem
Abgang Bouteflikas zunächst nicht.

Nach Meinung politischer Beobachter war das Handeln Bouteflikas
von drei großen Leitlinien bestimmt: der Beendigung des
Bürgerkriegs, der Beendigung der internationalen Isolation Algeriens
sowie der Einschränkung der Macht der Militärs. Von diesen selbst
gestellten Aufgaben konnte er zumindest bei den ersten beiden
Erfolge erzielen.

Demokratischen Wandel ließ er nicht zu

Dringend nötige wirtschaftliche Reformen vernachlässigte er
allerdings, und auch einen demokratischen Wandel - der ab 2011 die
Nachbarländer im Zuge des Arabischen Frühlings erfasste - ließ
Bouteflika nicht zu. Seine letzte Zeit verbrachte Bouteflika so, wie
er in den letzten Jahren auch regiert hatte: als "Phantom".

Auch gegen die Regierung von Präsident Tebboune, der im Dezember
2019 als Bouteflikas Nachfolger gewählt wurde, kam es wiederholt zu
Massenprotesten. Dabei forderten Tausende einen echten politischen
Wandel und ein Ende von Korruption und Misswirtschaft. Heute gilt
Algerien, wo in den 1990er Jahren ein erbitterter Bürgerkrieg
herrschte, insgesamt aber als verhältnismäßig stabil.

(APA/dpa)

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