Holistischer Ansatz

Das Ergebnis von Silodenken bedeutet funktionale Stupidität

Roger Federer
Roger Federerimago images/Xinhua
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Unternehmen und Mitarbeitende profitieren von einem holistischen Zugang, ist Gerhard Furtmüller überzeugt.

Es ist ein Paradoxon, das Gerhard Furtmüller anspricht: Die Menschen machen einen guten Job, erfüllen ihre Aufgaben auf hervorragende Weise und dennoch ist das Ergebnis für die Organisation nachteilig. „Weil die Koordination fehlt“, sagt der Senior Lecturer am Department für Management der Wirtschaftsuniversität Wien und Kolumnist für DiePresse.com. Dem studentischen Publikum ist er auch als „Doktor Furti“ und Young Science Botschafter ein Begriff.

Was er damit meint, beschreibt er anhand zweier Beispiele: Die Einkaufsabteilung handelt sensationelle Konditionen heraus, aber der Verkauf verzweifelt, weil das Produkt veraltet ist. Oder der Elektriker stemmt Wände auf, denkt aber nicht daran, dass andere Gewerke ebenfalls Rohre verlegen wollen. „Vor- und nachgelagerte Stellen werden oft nicht mitgedacht“, sagt Furtmüller.

Die Ausbildung ist stark an Disziplinen und Fächern orientiert und zu wenig in der Lage, Wissen zu vernetzen. Das setzt sich in den Unternehmen fort. Die Folge ist Silodenken und das bedeutet, drastisch formuliert, „funktionale Stupidität“, wie er es bezeichnet. Auf drei Dinge ist in Unternehmen hinzuschauen, regt Furtmüller an:

Bewusstseinsbildung. „Wir wissen viel, aber viel Wissen macht blind“, sagt er. Viele sehen ihre eigenen – durchaus professionellen – Prozesse, aber ihren Platz in der Gesamtorganisation nicht. (Informelle) Vernetzung kann hier weiterhelfen.

Training. Gut ist es, junge Mitarbeitende früh zu vernetzen, damit sie verschiedene Unternehmensbereiche erleben. Auch Traineeprogramme helfen, holistisches Denken zu fördern und Mitarbeitende zu binden

Lernen von Roger Federer

Als Beispiel für den holistischen Ansatz nennt er den Tennisspieler Roger Federer: Der sei deswegen über Jahre so gut gewesen, weil er schon als Kind auch andere Sportarten betrieben habe. „Das ist die Basis des Erfolgs: ein Querbeet-Training“, sagt Furtmüller – möglichst vielfältig und vielseitig zusammengestellt.

Hardcore-BWL. Es braucht wirtschaftliches Basiswissen, um die Gesamtzusammenhänge zu verstehen. Furtmüller hat daher eine Wirtschaftssimulation (https://drfurti.at/) für Studierende und angehende Führungskräfte entwickelt. Es gilt zu erkennen: Für wen erbringe ich die Leistung? Für Kunden, aber auch für viele andere innerhalb der Organisation. Denn schließlich, sagt Furtmüller, „geht es um die Wirksamkeit der Organisation“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2021)

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