"Right Livelihood Awards"

"Alternative Nobelpreise" gehen an widerständige Aktivisten

Ausgezeichnet wurden vier „Akteurinnen des Wandels, wo Regierungen versagen.“

Die auch als Alternative Nobelpreise bekannten Right Livelihood-Awards gehen dieses Jahr an vier weitgehend unbekannte Basisaktivisten aus unterschiedlichen Weltteilen. Die am Mittwoch in Stockholm präsentierten Preisträger sind die Kamerunerin Marthe Wandou, die sich gegen Gender-basierte Gewalt im Tschadbecken einsetzt, der russische Umweltaktivist Wladimir Sliwjak, die kanadische Indigenenvertreterin Freda Huson und die indische Rechtsinitiative für Wald und Umwelt (LIFE).

Right-Livelihood-Direktor Ole von Uexkull sagte, die diesjährigen Preisträger zeichneten sich allesamt dadurch aus, dass sie "nicht nur Widerstand leisten, sondern ganze Gemeinschaften mobilisieren, ihre Rechte einzufordern: Sie werden zu Akteurinnen des Wandels, wo Regierungen versagen."

Die Preisträger- und Preisträgerinnen im Überblick:

Marthe Wandou wurde am 15. Oktober 1963 in Kaélé im Kamerun geboren. Sie studierte in Afrika Jus und Projektmanagement, bevor an der Universität Antwerpen (Belgien) Gender Studies studierte. Sie setzt sich seit 30 Jahren für die Prävention und Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, insbesondere gegen Mädchen, sowie für die Betreuung der Überlebenden solcher Gewalt ein.

1998 gründete Wandou die Organisation Action Locale pour un Développement Participatif et Autogéré (ALDEPA). Mehr als 50.000 Mädchen haben bisher von der Arbeit von ALDEPA profitiert. Diese gründet auf der Mobilisierung von Gemeinschaften und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der gezielt Eltern, Kinder und Gemeindevertreter einbezieht. In Fällen von Vergewaltigung, Entführung und körperlicher Gewalt unterstützt ALDEPA Familien in Verfahren zur Strafverfolgung. Die Organisation arbeitet unter anderem mit Flüchtlingen und Binnenvertriebenen durch die Übergriffe der Extremistengruppe Boko Haram im Norden des Kamerun. Wandous Organisation gelang es, die traditionell verbreitete Kinderehe nach und nach zurückzudrängen.

Wladimir Sliwjak wurde am 30. Juli 1973 in Kaliningrad in der damaligen Sowjetunion geboren. Er ist Co-Vorsitzender und Mitbegründer von Ecodefense, einer der ältesten und seit Jahrzehnten führenden Umweltorganisationen Russlands. Unter der Leitung von Sliwjak startete Ecodefense 2013 eine folgenreiche Anti-Kohle-Kampagne in Russland.

Auch gegen die Förderung und den Ausbau der Kernenergie durch Russland sowie die Verbringung von Atommüll aus dem Ausland hat sich Sliwjak zur Wehr gesetzt. In den vergangenen Jahren sind Sliwjak und Ecodefense wegen ihrer Arbeit ins Visier der russischen Behörden geraten. Sliwjak unterrichtet Umweltpolitik an der Wirtschaftshochschule in Moskau. Er veröffentlichte ein Buch über die Atomkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011.

Freda Huson, geboren am 24. Mai 1964 in Smithers, Kanada ist ein weibliches Oberhaupt (Dzeke ze') der Volksgruppe der Wet'suwet'en. Sie ist ausgebildete Betriebswirtin. In dem Bewusstsein, wie bedeutsam es ist, auf angestammtem Land zu leben, zog Huson 2010 in eine Blockhütte auf dem Territorium ihres Volkes in Talbeetskwa am Morice River in British Columbia. Seitdem ist sie die Koordinatorin des Unist'ot'en-Camps, das inzwischen um ein Zentrum erweitert wurde, das sich der Heilung kolonialer Traumata widmet.

Das Unist"ot"en-Camp ist die wichtigste Anlaufstelle für Menschen, die sich gegen den Bau der Coastal GasLink-Pipeline wehren, die Schiefergas durch Britisch-Kolumbien leiten soll. Eine Razzia der kanadischen Behörden an einem Kontrollpunkt zum Camp, löste im Jahr 2020 landesweite Proteste aus. Das Pipelineprojekt ist nach wie vor im Bau.

Die Organisation LIFE (Legal Initiative for Forest and Environment) wurde im Jahr 2005 von den beiden Rechtsanwälten Ritwick Dutta und Rahul Choudhary in Neu-Delhi, Indien, gegründet. LIFE unterstützt und befähigt lokale Gemeinden, sich gegen den unrechtmäßigen Bau umweltschädlicher Anlagen oder gegen die Abholzung von Wäldern und gegen übermächtige Interessen zur Wehr zu setzen und Mitspracherecht bei der Entscheidungsfindung zu bekommen.

Etliche Verursacher industrieller Umweltverschmutzungen mussten für die von ihnen der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit zugefügten Schäden in Indien bereits Entschädigungen zahlen. Einer der ersten und wichtigsten Erfolge von LIFE war das Verfahren gegen das britische Bergbauunternehmen Vedanta im Bundesstaat Odisha (Orissa), das zum Präzedenzfall wurde. Der Oberste Gerichtshof Indiens urteilte 2007, dass für den Start eines solchen Projekts, in diesem Fall einer Aluminium-Schmelzfabrik, die Zustimmung der örtlichen Gemeinde erforderlich ist.

Award 1980 ins Leben gerufen

Die Alternativen Nobelpreise wurden 1980 ins Leben gerufen und fördern Personen, die sich auf mutige Weise für die Lösung der Probleme der Welt einsetzen. Jedes Jahr werden vier Preisträger bestimmt die jeweils eine Summe von Million Schwedische Kronen (100.000 Euro) erhalten.

(APA)

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