Pizzicato

An einem Donnerstag im Oktober

Wenn sich Punkt 13 Uhr die Tür der Schwedischen Akademie in Gamla Stan in Stockholms Altstadt öffnet, hält die literarische Welt den Atem an – wie stets an einem Donnerstag Anfang Oktober.

Die Nobelpreis-Jury – ein alter Schwede – verkündet dann den Namen des Nobelpreisträgers für Literatur. Bob Dylan, obwohl seit Jahren als Kandidat gehandelt, verschlug es glatt die Sprache. Nicht so Meister Handke: „Kein Sänger ist so nah an der Ewigkeit.“

In den Schriftsteller-Olymp strebt auch Jonathan Franzen. Mit „Crossroads“ lieferte er gerade das literarische Ereignis der Saison, hymnisch gefeiert in den Feuilletons. Thomas Pynchon, der nach J. D. Salinger zweite große Eremit der US-Literatur, galt indes so lang als Geheimfavorit, bis nicht sicher war, ob er noch am Leben war. Wurde er angeblich einmal gesichtet, war dies eine Sensation. Ob er ein Telefon besitzt, ein Faxgerät oder gar ein Handy?

Peter Handkes Exil zwischen Paris und Versailles ist dagegen wohlbekannt. Zuweilen lässt der feinnervige Dichterfürst Reporter in sein verwunschenes Reich, ohne sie gleich davonzujagen. Im Magazin der „Süddeutschen“ klagte er neulich sein Leid über den Nobelpreis und über Journalisten, denen er „ganz gern eine herunterhauen“ würde. Der Telefonanruf aus Stockholm erreichte ihn übrigens bei einer profanen Tätigkeit – beim Schuhputzen. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2021)

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