USA

Ex-US-Außenminister Colin Powell an Covid-Komplikationen verstorben

Colin Powell auf einem Archivbild im Jänner 2005.
Colin Powell auf einem Archivbild im Jänner 2005.APA/AFP/INDRANIL MUKHERJEE
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Powell war Außenminister in der ersten Amtszeit von George W. Bush und galt als moderates Gesicht von dessen Regierung. Später wurde er zum großen Kritiker der Republikaner.

Colin Powell, der erste schwarze US-Außenminister, dessen Kurs die amerikanische Außenpolitik in den letzten Jahren des 20. und den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts geprägt hat, ist an den Komplikationen von Covid-19 gestorben, wie seine Familie auf Facebook mitteilte. Er war 84 Jahre alt und dem Posting zufolge doppelt gegen Covid-19 geimpft. Powell hatte Medienberichten zufolge seit Längerem gesundheitliche Probleme.

"Wir haben einen herausragenden und liebevollen Ehemann, Vater, Großvater und einen großen Amerikaner verloren", so die Familie. George W. Bush und seine Frau Laura erklärten am Montag, Powell habe dem Land herausragend gedient, "beginnend mit seiner Zeit als Soldat in Vietnam". Viele Präsidenten hätten seinem Rat vertraut. Er sei ein Freund und herausragender Mann gewesen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte während einer Reise in Georgien, die Welt habe "eine der herausragendsten Führungspersönlichkeiten verloren". Powell sei als erster Schwarzer Generalstabschef und Außenminister geworden. Er sei seit vielen Jahren ein Freund und Mentor für ihn gewesen, sagte der ebenfalls afroamerikansiche frühere General. "Wir werden ihn definitiv vermissen. Ich fühle mich, als hätte ich ein Loch in meinem Herzen", sagte Austin.

Wesentlicher Stratege schon in den 1980er-Jahren

Der Republikaner Powell war u.a. auch General und gehörte den Vereinigten Stabschefs (Joint Chiefs of Staff/JCS) an, einem wichtigen Beratungsgremium des Präsidenten und des Verteidigungsministers in Militärangelegenheiten an.

Das Amt des Außenministers bekleidete er unter Präsident George. W. Bush seit 2001, auch als es zu den 9/11-Anschlägen der al-Qaida in New York und Washington kam. Unter Ronald Reagan war er zuvor von 1987 bis 1989 Nationaler Sicherheitsberater gewesen. Unter George Bush senior war er JCS-Vorsitzender, also Generalstabschef. Nach dem Sturm von Anhängern des abgewählten Präsidenten Donald Trump auf das Kapitol in Washington Anfang dieses Jahres trat Powell aus der Republikanischen Partei aus. Er war ein entschiedener Trump-Gegner in den eigenen Reihen.

Aus seiner liberalen Geisteshaltung hatte Powell auch zuvor nie ein Geheimnis gemacht. Bei den letzten US-Wahlen hatte er stets öffentlichkeitswirksam angekündigt, die jeweiligen demokratischen Kandidaten gewählt zu haben: Barack Obama, Hillary Clinton und Joe Biden.

Irak-Krieg: Auftritt vor UN-Sicherheitsrat als „Schandfleck"

Powell kam 1937 im New Yorker Stadtteil Harlem als Sohn jamaikanischer Einwanderer zur Welt. Er studierte Geologie und startete eine Karriere in der US-Armee, die ihn unter anderem nach Deutschland und zwei Mal nach Vietnam führte. 1989 wurde der hochdekorierte General als erster Afroamerikaner Generalstabschef der US-Streitkräfte. Für viele wurde er das Gesicht des Golf-Kriegs 1991.

Bei Powell dominierten über Jahrzehnte Eigenschaften wie Treue und Verlässlichkeit - bis hin zum Gehorsam. Doch seit seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2005 hat der einstige Star-Minister von Bush sich zum offenen Kritiker gewandelt. Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl hat er seine persönliche Wahlentscheidung verkündet. Er sei besorgt über den Rechtsruck seiner Partei, erklärte Powell in der Sendung "Meet the Press" des Fernsehsenders NBC. "Sie tendiert weiter nach rechts als es mir lieb ist", sagt er. Gefragt seien jetzt eine "Persönlichkeit des Wandels" und ein "Generationswechsel" - deshalb sei er für Obama.

Im In- und Ausland genoss Powell über alle Parteigrenzen hinweg Vertrauen - und genau dies qualifizierte ihn als Verkäufer der Irak-Politik, die im März 2003 schließlich zum Krieg führte. Obwohl er selbst an dieser Politik zweifelte, redete er kurz vor der Invasion bei seinem berühmten Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat selbst dem Krieg das Wort - unter Verwendung von falschen Angaben zu den angeblichen Massenvernichtungswaffen in den Händen des damaligen irakischen Machthabers Saddam Hussein. Es war der unrühmlichste Moment in der vierjährigen Amtszeit des Außenministers. Den Auftritt hatte Powell einmal selbst als "Schandfleck" in seinem Lebenslauf bezeichnet.

Kein Platz für ihn in zweiter Bush-Amtszeit

Der innere Machtzirkel um Bush, dem Powell nie angehörte, hat ihm den Einsatz nicht gedankt. Gegen die Übermacht der "Falken", die um den Vizepräsidenten Dick Cheney und den damaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld flatterten, stand Powell auf verlorenem Posten. Nach Bushs Wahlsieg im November 2004 war für einen Abweichler wie ihn kein Platz mehr in der Regierung. Eine Biografie brachte ans Licht, dass Powells Abgang eher eine Entlassung war und kein freiwilliger Rücktritt, als der er präsentiert wurde. "Der Präsident wünscht einen Wechsel", habe Bushs Stabschef Andy Card den Minister kurz nach der Wahl telefonisch wissen lassen. Bis Ende der Woche wolle Bush ein Rücktrittsschreiben haben. Powell gehorchte.

Nach scharfer Kritik an Donald Trump („eine nationale Schande“) und nach dem Sturm aufs Kapitol im Jänner trat er letzthin sogar aus der Partei aus.

(APA/AFP/Red.)

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