Die Berghütte "On" stand ein paar Monate im Gebiet de sPiz Lunghin. Dann verschwand sie wieder.
Hüttenfieber

Häuser, in denen Berg und Architektur zusammen finden

Berg und Architektur: Das geht ästhetisch nur gut, wenn sich die gebaute Umwelt ein wenig zurücknimmt. Und am besten gleich Teil des Landschaftsbilds wird.

Hinauf ist eine beliebte Richtung der Menschen. Sie kommt gleich nach vorwärts. Architektonisch löst man die Sehnsucht heutzutage mit Hochhäusern und Wolkenkratzern. Vertikallogisch mit Aufzügen und Seilbahnen. Doch gerade ganz oben erreicht Architektur manchmal ihre Talsohle: Da tauchen dann Bergstationen auf, die auch im urbanen Gewerbegebiet nicht sonderlich positiv auffallen würden. Und manche Berge sind zu Entertainment-Arealen durchinszeniert, als hätte man sich das Konzept beim Böhmischen Prater in Wien geborgt. Ganz oben ist es eben nicht nur am schönsten. Ganz oben ist auch die Hybris am größten.
Seitdem der Mensch auf Berge schaut, fordert er sie he­raus. Misst sich mit ihnen, körperlich. Und auch gestalterisch. Gut also, wenn die Architektur den Übermut ein wenig zähmen kann. Hochdramatisch und intensiv erlebbar sind Berge sowieso. Da darf es die gebaute Umwelt – im Gegensatz zu jener, die sich über Jahrtausende mühsam aufgefaltet hat  – ein wenig ruhiger angehen. Eine beliebte Verhaltensoption für Häuser ist etwa: Sich wegducken aus der Landschaft. So tun, als wäre man gar nicht da. Gelingt den Bauwerken auch nicht immer. Dann vielleicht doch lieber versuchen, gleich Teil der Landschaft zu werden. Schon die Sommerfrische-Villen und Landhäuser in den Bergtälern haben das versucht. Indem sie sich bemühten, möglichst gewachsen auszusehen. Sie forcierten die Unregelmäßigkeit, kombinierten Materialien wie Stein und Holz, aber auch den einen Gestus mit dem anderen: die Schroffheit des Gebirges mit der Lieblichkeit der Waldlichtung. Alte traditionelle Bauernhäuser müssen sich zu all dem erst gar nicht bemühen. Sie sind auch ästhetisch mit der Landschaft verbunden, seitdem Menschen sie bewohnen.

Anne Lutz & Thomas Stöckl


Aus den romantischen Vorstellungen von ländlicher Arbeitsidylle haben Architektur und Immobilienwirtschaft die Typologie des „Chalets“ gezimmert. Eine Schweizer Sennhütte wurde zum archaischen Vorbild: für Architekturen von Ferienhäusern, die gern bis unter das Giebeldach mit weich-warmen gestalterischen Luxusklischees ausstaffiert werden. Die Londoner Interieurdesignerin Nicky Dobree hat schon eine Reihe von alten Bauernhäusern in den Alpen in diesen Zustand versetzt. Sie versteht auch den Wohnraum in den Chalets als Landschaft. Holz ist dabei natürlich ihr liebstes Material. Denn selbst auf Luxusniveau darf Design auch ein wenig mahnen, meint Dobree in dem Band „Charmante Chalets“ aus dem Callwey Verlag. Nämlich: „Dass wir alle auch ein Teil der Natur sind.“ Auch wenn die Message zwischen Privatkino und Spa-Anlage im Haus auch einmal untergehen kann.

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