Managua ist, gerade auch der leuchtenden Plastikbäumchen wegen, bei Sergio Ramírez ein Ort des Bösen.
Repressionen in Nicaragua

Wenn ein Krimi zur Realität wird

Der Roman „Um mich weint niemand mehr“ des nicaraguanischen Schriftstellers Sergio Ramírez erschien im Oktober 2017. Jede und jeder erkannte im nicht näher vorgestellten Oligarchen die Figur des Präsidenten Ortega. Nun liegt ein Haftbefehl gegen den Autor vor.

Nicaragua-Freunde wissen, dass Sergio Ramírez, seinerzeit Vizepräsident der nicaraguanischen Revolution, vor allem Schriftsteller war und ist. Als im Wahljahr 1990 alles in Scherben fiel und die Comandantes, nach schamloser Aneignung des nationalen Reichtums, in die Opposition eintauchten, kehrte Sergio Ramírez, mit Unterbrechungen, zu seinem Schreibtisch zurück. Heute gehört er zu Lateinamerikas stärksten Romanautoren. – daher griffen wir gern nach seinem neuesten Werk: „Ya nadie llora para mí“ („Um mich weint niemand mehr“, Edition 8, Zürich).

Einem unbedarften Leser mag diese etwas burschikose Geschichte, von vergnüglich ordinären Einflüsterungen eines Freundes aus dem Jenseits eingefasst, merkwürdig erscheinen. Ja, ein Kritiker könnte sogar einwerfen, hier handle es sich um die Paraphrase eines Raymond-Chandler-Krimis: Der stinkreiche, sportlich fitte Oligarch des Landes beauftragt den beinamputierten Dolores Morales, einen nach revolutionärer Vergangenheit verarmten Privatdetektiv, mit der Suche nach der verschwundenen Adoptivtochter aus dem wie ein Bunker abgeschirmten Präsidentensitz. Das ruft den misstrauischen Geheimdienst-Chef Tongolele auf den Plan, von dem alle wissen, dass er Verdächtige rasch zum Gestehen bringt, indem er ihnen „die Scheiße aus dem Körper prügeln lässt“. Im Laufe der doppelt eingefädelten Recherche stellt sich heraus, dass der Oligarch seine minderjährige Adoptivtochter als Sexsklavin hält.

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