Indien

"Love Jihad": Ermittlungen gegen Bischof wegen angeblicher Islamfeindlichkeit

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INDIA-RELIGION-CHRISTIANITYAPA/AFP/NOAH SEELAM
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Bischof Kallarangatt von Palai (Bundesstaat Kerala) warf Muslimen vor, christliche Mädchen durch erzwungene Heirat oder Drogen zum Übertritt zum Islam zu nötigen. Imame sind erzürnt, der Bischof bekommt indes viel Rückendeckung.

Die Polizei im südindischen Bundesstaat Kerala hat Ermittlungen gegen den katholischen Bischof von Palai, Joseph Kallarangatt, eingeleitet. Ein Amtsgericht habe das angeordnet, nachdem eine Organisation moslemischer Imame den Bischof, der primär der mit Rom unierten Syro-malabarischen Kirche des östlichen Ritus angehört, wegen der Verbreitung von „Disharmonie" und „Hass" angezeigt hatte, schreibt der asiatische Pressedienst „Ucanews" (Dienstag) laut der Agentur Kathpress.

Bischof Kallarangatt (65) hatte demnach „terroristischen Muslimen" in Kerala vorgeworfen, christliche Mädchen durch „Love Jihad" (erzwungene Heirat) oder „Narcotics Jihad" (mittels Drogen) zum Übertritt zum Islam zu nötigen. Die Äußerungen des Geistlichen führten zu Streit zwischen Christen und Moslems der Region, wobei letztere von ihm eine Entschuldigung verlangten.

Kallarangatt stellte daraufhin klar, dass seine Äußerungen nicht gegen Moslems generell gerichtet gewesen seien, sondern nur gegen jene, die an solch „schändlichen Taten" beteiligt seien.

Unterstützung erhielt Kallarangatt, der 2004 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Palai ernannt worden war, auch vom Rat der katholischen Bischöfe von Kerala, der dortigen Syro-malabarischen Kirche und von katholischen Laienorganisationen.

Legendäre Gründung durch Apostel Thomas

Die Syro-malabarische Kirche ist eine mit Rom seit 1599 unierte Ostkirche. Sie beruft sich auf weit ältere Gemeinden, letztlich sogar auf den Apostel Thomas, der laut Überlieferung nach Jesu Tod missionierend gen Osten zog und bald nach dem Jahr 50 Indien erreicht haben soll. Er zog demnach an Indiens Westküste nach Süden hinab in die Malabarküste, den südlichsten Abschnitt, und vom Südkap die Ostküste hinauf bis Madras (Chennai), wo er getötet wurde.

Achayan/CC BY-SA 4.0

Die von ihm dort gegründeten urchristlichen Gemeinden, salopp  „Thomas-Christen" genannt, wären also älter als fast alle Christengemeinden in Europa. Allerdings gibt es keine Beweise für diese Legende; hingegen lassen sich Zuzüge etwa syrischer, irakischer und persischer Christen ab dem dritten Jahrhundert belegen.

Heute haben sie ihre Schwerpunkte in den südlichen Bundesstaaten Kerala, Karnataka und Tamil Nadu, in der Hauptstadt Neu Delhi und vielen Ländern mit indischen Gemeinden von der Golfregion bis Amerika. Aktuell soll diese Kirche etwa 4,5 Millionen Gläubige weltweit haben, davon rund die Hälfte im Staat Kerala. Ihr Oberhaupt (Hierarch) unmittelbar unter dem Papst in Rom ist seit 2011 Großerzbischof Kardinal George Kardinal Alencherry (*1945).

Fraktionierung durch Portugals Dominanzstreben

Die Portugiesen fanden nach ihrer Ankunft in Indien 1498 und der folgenden Unterwerfung weiter Teile des Subkontinents die Thomas-Christen vor und waren zunächst sehr überrascht, obwohl dadurch alte Berichte und kirchliche Legenden bestätigt schienen. Da diese indischen Christen bis dahin praktisch keinen Kontakt zu christlichen Kirchen in Europa gehabt hatten, waren ihre Lehren und Institutionen vielfach sehr verschieden. Die Portugiesen versuchten, sie „auf Linie" mit der römischen Kirche zu bringen, auch mit gewaltsamen Mitteln, was zu Fraktionierungen unter den Thomas-Christen und zur Bildung regionaler Kirchen orthodoxer und protestantischer Fa­çon führte, die Rom nicht anerkennen.

Tarijanel/Gemeinfrei

Kerala gilt als einer der religiös vielfältigsten indischen Bundesstaaten. Knapp 53 Prozent der rund 35 Millionen Einwohner sind Hindus, 26,5 Prozent Muslime und 18,4 Prozent Christen. Von Letzteren gehören mehr als 70 Prozent zur syro-malabarischen Kirche plus Gemeinden anderer Thomas-Christen, mehr als 13 Prozent zur Römisch-katholischen Kirche.

(APA/Kathpress/wg)

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