Lokalkritik

Testessen bei A’Frisella

Testessen bei A’Frisella
Testessen bei A’FrisellaChristine Pichler
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Ein alter Freund der Wiener Gastroszene hat sein apulisches Restaurant eröffnet. Danke, Mino Zaccaria.

Touristisch ist Apulien die neue Toskana. Es war also höchst an der Zeit, dass Wien zur aktuellen Modedestination der Trendgemeinde ein apulisches Restaurant bekommt. Die alte L’Ambasciata della Puglia in Währing musste einst leider schließen, diese kulinarische Institution starb nicht in Schönheit. Nun hat sich niemand Geringerer als Mino Zaccaria mit dem apulischen A’Frisella an den Start gewagt. Leider erinnert das alles ans eigene Alter: Wenn man an der Stelle des neuen Lokals schon vor Jahren einen Italiener namens Italico verrissen hat oder wenn man Zaccaria nicht nur wie einen alten Freund begrüßt. Der lustige Apulier führte Restaurants von Toni Mörwald am Neuen Markt, für die Antinoris die Cantinetta und Co., dazwischen ein wunder­bares Restaurant mit Koch Wohlfahrt.

Testessen bei A’Frisella
Testessen bei A’FrisellaChristine Pichler

Nun steht er endlich in seinem eigenen, das an eine moderne, fröhliche Trattoria erinnert. Auf den ersten Blick könnte man die ausgestellten Lebensmittel und die Italo-Schwarz-Weiß-Fotos für die typische Osteria-Inneneinrichtung von der Design-Stange halten, hier ist aber alles echt und authentisch. Auf den Fotos sind sogar Gassen und Nachbarn von Zaccharias altem Heimatort abgebildet. Die Weine und die Materialien für die Küche kommen natürlich auch von dort. Die Produktqualität ist enorm, wie die Antipasti beweisen: Roh marinierter Wolfsbarsch mit Zitrone und Granatapfelkernen, ein wunderbar molliger Riccotina-Frischkäse oder Capocollo „di Martina Franca“, der so schmeckt, dass man genüsslich grunzt. Dann kommen die namensgebenden Frisella, charakteristische Minibrote, die die Fischer einst zur Verpflegung immer im Gepäck hatten, sie kurz in Salzwasser tauchten und mit Vorhandenem belegten. Hier passiert das etwa mit Makrele und Erdäpfelpüree großartig. Schön derb auch Minos Kindheitspasta Mingierid i Cmdrep: Orecchiette mit Chili und Cime di Rapa, der wilde Brokkoli sendet mit seinem bitteren Geschmackston die klare Botschaft: Das ist kein Tussi-Italiener. Wobei: Trüffel gibt es hier im Gegensatz zu Apulien in rauen Mengen. Nicht alles, was gut und teuer ist, soll man meiden. Im Gegenteil. Als Hauptgang bleibt ein kleines Filet (Schwanz) von der Rotbarbe mit Kichererbsen, leicht und subtil fällt die Fisch-Gemüse-Kombination aus. Mino Zaccaria spricht konsequent von „Kirchenerbsen“. La vita è bella. Hingehen, bevor es sich Zaccaria anders überlegt und in Apulien endlich unser Hotel ­eröffnet.

A’Frisella, Johannesgasse 2, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)676 486 53 55, Restaurant: Di–Sa: 11–1 Uhr.

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("Die Presse Schaufenster" vom 29.10.2021)

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