Kunstmesse

Die Art & Antique schärft ihr Profil

Irene Andessner
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Die Messemacherin Alexandra Graski-Hoffmann hat Corona genützt, um ihre Strategie zu hinterfragen: Die aktuelle Art & Antique in der Wiener Hofburg hat an Qualität gewonnen.

Die Krise als Chance begreifen: der Satz ist zwar abgedroschen, aber dennoch wahr. Gerade die Pandemie hat durch die erzwungene Entschleunigung Zeit zur Reflexion geboten. Gleichzeitig wurde die Digitalisierung vorangetrieben. Messemacherin Alexandra Graski-Hoffmann hat jedenfalls die Zwangspause gut genützt. Sie hat bestehende Konzepte hinterfragt, sich digital neu aufgestellt und fährt nun eine Strategie, die über die reine Messeorganisation hinausgeht. So bietet sie nun im Netz regelmäßig Diskussionen, Interviews und Ankündigungen von Ausstellungen und Veranstaltungen ihrer Kunden. Denn gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, mit Stammkunden in Kontakt zu bleiben: Es waren vor allem sie, die auch in Lockdownphasen bereit waren, weiterhin Kunst zu kaufen.

Auch bei der Messe selbst hat sich nach der Zwangspause einiges verändert. Die Zahl der Aussteller hat sich auf 35 reduziert, von bisher knapp 50. Dafür sind die Stände geräumiger geworden. Und die Messe, die noch bis Montagabend läuft, wurde auf fünf Tage verkürzt. Das sei laut Graski-Hoffmann eine bewusste Entscheidung in Richtung mehr Qualität. Damit wolle sie sich von anderen Messen durch die strengeren Auswahlkriterien abheben. Sie wolle weg vom Bauchladen und hin zu ausgewählter Qualität „in Richtung Highlight-Messe“, wie sie das selbst bezeichnet.

Verjüngt. Ein Rundgang über die Messe zeigt, dass die Zahl der zeitgenössischen Galerien zugenommen hat. Da finden sich etwa die Galerien Thoman, Czaak, Frey, Smolka oder Zimmermann/Kratochwill, die teils Neuaussteller bei der Art & Antique sind, oder nach einer längeren Auszeit wiedergekommen sind. Hier mag geholfen haben, dass coronabedingt im Vorjahr und auch heuer viele Messen ausgefallen sind und manche Galerie die Chance wahrnimmt, ihre Ware wieder auf einer Messe präsentieren zu können. Denn diese sind für viele ein wichtiger Umsatzbringer.

Trotz der Verjüngung wird weiterhin das gesamte Spektrum von der Antike bis zur Gegenwart geboten. Gerade bei der Antike findet man am Stand von Christoph Bacher Archäologie Ancient Art wirklich besondere Stücke musealer Qualität. Ein echter Blickfang ist beispielsweise ein „Zypriotischer Kalkstein-Kopf“ vom Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Der Kopf, im archaischen Stil mit hohen Backenknochen, mandelförmigen Augen und typischem Lächeln, dürfte aufgrund der Darstellung mit Bart und Haarkranz ein Würdenträger gewesen sein.

Die Provenienz ist lückenlos. So befand sich dieser Kopf im Besitz des angesehenen New Yorker Sammlerpaars Irma und Benjamin Weiss, die ihn Mitte des 20. Jahrhunderts erwarben. Von dort ging er in den englischen Kunstmarkt. Den Preis beziffert Bacher mit 72.000 Euro.

Ein wirklich dekoratives Objekt ist auch ein hölzerner, bemalter „Ägyptischer Sarkophagdeckel der Wennefer“, 26. Dynastie, 664 bis 525 v. Chr. Als Besitzer wird auf den Inschriften Wennefer, Sohn des Gottesvaters von Amun, Min-ir-dis, geboren von der Herrin des Hauses Djed-Mut genannt. Insgesamt 16 Säulen an Hieroglyphen-Bändern schmücken den Sarg, darunter eine Szene, in der Maat und Thoth den Verstorbenen vor den thronenden Osiris bringen. Das Besondere daran ist, dass am unteren Teil Reste einer weiteren Inschrift zu sehen sind, die darauf hindeutet, dass der Sarkophag in der Antike ein weiteres Mal verwendet wurde. Der Preis liegt bei 48.000 Euro.

Spezialgebiet. Ein besonderes Sammelgebiet bedient der auf alte Ikonen spezialisierte Münchner Kunsthändler Stefan Brenske. Die Liebe zu den Ikonen ist familiär bedingt. Sein Vater baute in den 1960er-Jahren eine der ersten großen europäischen Sammlungen auf und gründete später eine der ersten auf Ikonen spezialisierte Galerien. Sein Sohn trat in seine Fußstapfen. Auf der Art & Antique hat Brenske diesmal unter anderem eine Ikone des Typus Gottesmutter Glykophilouse „Die Süßküssende“, die sowohl in Russland als auch in Griechenland zu den bekanntesten Ikonentypen der spät- und postbyzantinischen Kunst zählt. Die Darstellung zeichnet sich durch die innige und vertraute Beziehung zwischen Mutter und Christuskind aus und ist daher nicht in strenger Frontalität gemalt. Die um 1500 entstandene Tafel hat Brenske aus einer bedeutenden Bonner Privatsammlung.

Kunsthandel Giese und Schweiger

Kunst aus Österreich ist traditionell breit vertreten. Bei Giese & Schweiger sticht ein imposanter „Herbsttag in der Krieau im Prater“ der Stimmungsimpressionistin Tina Blau ins Auge. Bei Freller findet man den Messedauerbrenner Alfons Walde und eine Arbeit von Albin Egger-Lienz, bei beiden muss man mit sechsstelligen Beträgen rechnen. Die Galerie Ruberl präsentiert einen mehrere Jahrzehnte überspannenden Arnulf-Rainer-Schwerpunkt, beginnend mit Arbeiten aus den 50er-Jahren. Aus dieser Zeit stammt auch das teuerste dort gebotene Werk, die „Übermalung mit Ecke“ aus 1959-62, das auf 250.000 Euro kommt. Die Galerie Ruberl bietet auch eine ausgezeichnete Sonderpräsentation der Künstlerin Irene Andessner. Sie sucht sich berühmte, historische Figuren aus und stellt diese in ihren Rollenporträts nach. Preislich liegen die Arbeiten zwischen 2500 und 9500 Euro.

Die große österreichische Malerin Maria Lassnig ist ebenfalls gut vertreten. Die Grazer Galerie Zimmermann Kratochwill hat ein „Selbstporträt mit Sperber“ am Stand. Lassnig malte das Werk im Jahr 1986, in einer Zeit, wo ihr vermehrt die längst zustehende Anerkennung zuteil wurde. 1985 war die erste große Retrospektive ihrer Malerei im Museum Moderner Kunst in Wien eröffnet worden. 1988 erhielt sie als erste bildende Künstlerin den großen Österreichischen Staatspreis.

Ganz aktuelle Arbeiten findet man etwa bei der Galerie Smolka Contemporary, die Hubert Schmalix in den Fokus stellt, darunterdas heuer entstandene Bild „Deep Fall, Medium“ für 23.000 Euro. Und die Galerie Alessandro Casciaro zeigt Paul Flora, dem die Albertina aktuell eine große Ausstellung widmet. Eine kleine Zeichnung gibt es schon für 1000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2021)

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