Brustkrebs

Therapie immer effektiver

Unrecognizable nurse taking a mammogram exam to an adult patient
Unrecognizable nurse taking a mammogram exam to an adult patient(c) Getty Images/ andresr
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Früh erkennen, gezielt behandeln, gesund weiterleben – das ist das Idealszenario bei der Diagnose Brustkrebs. Bei Medikamenten und Operationen gab es zuletzt viele Fortschritte.

Es ist ein Kampf, dem sich jährlich rund 5500 Frauen in Österreich stellen müssen: Diagnose Brustkrebs. Die gute Nachricht: Er ist heilbar, die schlechte: nicht immer. Aber aktuell gibt es oftmals gute Nachrichten aus der Pharmaindustrie. „Es sind teure Medikamente, aber in der Immuntherapie gibt es laufend neue Entwicklungen, und wir können so den Brustkrebs immer gezielter und effektiver bekämpfen“, sagt Silvia Artner, Leiterin des Brustgesundheitszentrums am Spital Goldenes Kreuz in Wien. Bei der Immuntherapie geht es darum, dass durch die laufend bessere Kenntnis des Tumors seine „Schwachstellen“ gezielt attackiert werden, der Tumor also bekämpft wird, wo er am verletzlichsten ist. Die Mittel werden als Infusion, oft gemeinsam mit der Chemotherapie, verabreicht. „Die Immuntherapie greift den Tumor gezielt an und bekämpft nur den Tumor“, erklärt Artner. Während eine Chemotherapie alle schnell wachsenden Zellen ruiniert und somit auch Nebenwirkungen wie Haarausfall die Regel statt die Ausnahme sind, ist die Immuntherapie ein gezielter ­Direktangriff – wenn es ein passendes Angriffsziel gibt. Aber dazu später mehr – denn der Anfang einer gut ausgehenden Brustkrebs­geschichte liegt in der Früherkennung. „Möglichst früh einen Tumor zu erkennen, am besten noch als Vorstufe, das ist das Idealszenario“, sagt die Spezialistin.

Gesundheitsinfo

Mammographie für Jede. Seit 2014 gibt es in Österreich ein Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. „Um zur Vorsorge-Mammographie zu gehen, brauchen die Frauen nur ihre E-Card“, erklärt Romana Ruda, Programmleiterin des Österreichisches Brustkrebs-Früherkennungsprogramms bei der ÖGK. Als gemeinsames Projekt von Bund, Ländern, Sozialversicherung und Ärztekammer bekommen Frauen spätestens mit Vollendung des 45. Lebensjahres einen Einladungsbrief, der darüber informiert, dass sie kostenlos zur Mammographie gehen können. Ziel dieser Einladung: eine potenzielle Tumorbildung soll möglichst früh erkannt werden. „Es ist ein kostenloses, niederschwelliges Angebot, das sehr gut angenommen wird“, berichtet Ruda. Sie betont, dass alle am Programm teilnehmenden Institute einer laufenden Qualitätskontrolle unterliegen. „Jedes verwendete Gerät ist überprüft und auch die befundenden Radiologen sind, gemäß der Richtlinien, qualifiziert.“

Der „Coronaknick“ bei den Vorsorgeuntersuchungen hat sich in verstärkter Nachfrage nach den Lockdowns gespiegelt, in Summe nehmen über 40 Prozent der eingeladenen Frauen die Früherkennungs-Mammographie-Möglichkeit in Anspruch. Ruda betont: „Die Früherkennung und das Einladungs­system sind kein Ersatz für die Vertrauensärzte.“ Sprich: Ein Gang zur Früherkennungs-Mammographie ersetzt nicht den Kontrolltermin beim Gynäkologen.
Pink Paddeling – ein pinkes Drachenboot Pink Paddeling ist Drachenbootsport für Brustkrebsbetroffene. In Wien paddeln Frauen bei den „Vienna Pink Dragons“ auf der Alten Donau.

Laut Erfahrung im Verein ist der ideale Zeitpunkt für Frauen, mit dem Paddeln zu beginnen, etwa sechs Monate nach Abschluss der Behandlung - nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt. In Kanada konnte Mitte der 1990er-Jahre Don McKenzie, Professor für Sportmedizin und Bewegungsphysiologe, belegen, dass das Training des Oberkörpers nach einer Brustkrebserkrankung nicht nur das Auftreten von Lymphödemen reduziert, sondern auch die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs verringert.

Web: https://pinkpaddling.at

Opt-In ab 40 Jahren. Im Übrigen gibt es für Frauen ab 40 eine „Opt-in“-Möglichkeit. Das bedeutet, dass sich alle Frauen, die über 40 Jahre alt sind, selbst per Telefonanruf oder über ihren Gynäkologen in das Früherkennungs-Mammographie-Programm aufnehmen lassen können. Alle zwei Jahre kommt dann – sobald die E-Card wieder freigeschaltet ist – ein Brief in den Postkasten der Teilnehmerinnen geflattert, der darüber informiert, dass eine Mammographie wieder empfohlen ist. Bei Beschwerden oder Verdachtsfallen kann frau jederzeit kommen.

Radiology technician reviewing mammography results
Radiology technician reviewing mammography results(c) Getty Images/ PicturePartners

Angepasste Therapie. „Wir sind heute in der Therapie so weit, dass wir nicht mehr jeder Frau alles geben müssen, sondern die Tumore gezielt, also individuell behandeln können“, erklärt Artner. „Je nach Typ des Tumors sind unterschiedliche Therapiemöglichkeiten gegeben, und auch bei den Operationen hat sich in den vergangenen Jahren viel getan.“

Mehrere Tumortypen (siehe auch Kasten) werden unterschieden, je nach bestimmten Merkmalen werden die die Therapieformen angepasst.
„Wesentlich ist, ob ein Tumor Rezeptoren, also Andockstellen hat, die auf Hormone reagieren“, erklärt Artner. „Wenn dem so ist, dann kann der Tumor mit einer Anti-Hormontherapie bekämpft werden. Gerade in diesem Bereich gibt es alle paar Monate neue Erkenntnisse und auch neue Medikamente. Bei der individuellen Therapie des Brustkrebses spielt natürlich auch das Alter der Patientin eine Rolle.“ Wenn ältere Frauen, bei denen die Familienplanung längst abgeschlossen ist, erkranken, muss auf eine Fertilitätserhaltung keine Rücksicht mehr genommen werden, „während bei jüngeren Frauen die Erhaltung der Fruchtbarkeit natürlich ein wesentlicher Punkt ist.“

Neben der Anti-Hormontherapie, gibt es die Immuntherapie, die Bestrahlung, die Chemotherapie, und natürlich steht auch bei fast allen Fällen eine oder mehrere Operationen auf dem Plan. „Wobei wir bei Operationen im Normalfall brusterhaltend vorgehen“, erklärt Artner. Natürlich ist es von Frau zu Frau verschieden, wie sie mit dem Verlust oder der Veränderung der Brust umgeht. „Es gibt Frauen, die lassen sich die Brust nehmen und verzichten auf eine plastische Rekonstruktion, aber auch Frauen, die sich im Rahmen der Krebs-OP beide Brüste verkleinern lassen und glücklich damit sind, endlich kleinere Brüste zu haben.“ Und auch beim Umfang der Operationen hat sich in den vergangenen Jahren einiges verändert. „Früher war es Standard, dass wir in fortgeschrittenen Stadien alle Lymphknoten im Achselbereich entfernt haben“, berichtet Artner. „Heute entnehmen wir den ersten Lymphknoten, auch Wächterlymphknoten genannt, und schauen während der Operation, ob er befallen ist, und je nach Befund werden danach weitere oder keine Lymphknoten mehr entnommen.“ Ein Fortschritt, der Lymphödeme nach einer Operation seltener macht. „Die onkoplastischen Möglichkeiten erlauben heutzutage, dass Brüste schön und auch symmetrisch erhalten bleiben“, sagt Artner.

Während der Stillzeit übersehen. Julia Glocker stillte gerade ihre zweite Tochter, als die Diagnose Brustkrebs in ihr Leben platzte. OP, Chemo, Anti-Hormontherapie standen am Plan. Sie betont, dass „man mit Ende der Therapie noch nicht gesund ist“, viele Medikamente müssen weiter genommen werden, um die Wiederkehr des Krebses – „Rezidiv“ ist das Fachvokabel – nachhaltig zu verhindern. Sie sagt über die Zeit des Kampfes und der Therapie „Losing was not an option“ – und hat für Betroffene einen Rat, der lautet: „Offen darüber reden“. Es spiele keine Rolle, mit wem, wann und wie oft man darüber spreche, „aber Reden hilft und das Bewusstsein, nichts falsch gemacht zu haben, ist mindestens genauso wichtig.“ Zu oft sind betroffene Frauen verschämt, wollen nicht, dass ihre Umgebung von der Krankheit weiß, seien es Familie, Freunde oder Arbeitskollegen.

BRUSTKREBS: TUMORARTEN

Gesund weiterleben. Glocker erzählt, dass der Krebs ihre Einstellung zum Leben nachhaltig verändert hat. „Es wird einem die Endlichkeit des Lebens vor Augen geführt, und ich lebe jetzt sicher bewusster. Ich schiebe wichtige Dinge nicht mehr auf und höre mehr auf meinen Körper.“ Da in Studien die Bewegung als wesentlich für ein gesundes Weiterleben nachgewiesen wurde, hat auch sie einen Sport gesucht und gefunden, der ihr nicht nur Bewegung, sondern auch viel Freude und Freundinnen, die ähnliches durchgemacht haben, bringt. Sie rudert im Drachenboot (siehe Kasten). Weltweit ist jede achte Frau von Brustkrebs betroffen, in Österreich sind 29 Prozent aller Tumorerkrankungen Brusttumore. Es sterben jährlich rund 1600 Frauen an Brustkrebs. Jede Vorsorgeuntersuchung hat das Potenzial, diese Zahl nach unten zu korrigieren.
Ein Brusttumor ist nicht wie der andere. Die Tumore unterscheiden sich etwa durch ihre Wachstumsgeschwindigkeit oder anhand ihrer Rezeptoren, das heißt ihrer Fähigkeit, auf etwa die Hormone Östrogen oder Progesteron zu reagieren. Je nach Eigenschaft des Tumors kommen neben der chirurgischen Entfernung unterschiedliche Therapieformen zum Einsatz. Entscheidend ist in jedem Fall Früherkennung und rechtzeitiger Beginn der Behandlung.

Folgende Tumore werden unterschieden:
LUMINALA: langsam wachsender Tumor, der meistens keine Lymphknoten befällt. Er kann mit Anti-Hormontherapie oder Strahlentherapie behandelt werden, die Heilungschancen sind sehr gut, die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit gering.
LUMINAL B: wächst schneller und spricht nicht auf eine Anti-Hormontherapie an, ist aber mit Strahlentherapie und mitunter Chemotherapie behandelbar. Heilungschance ebenfalls sehr gut.

HER2 pos.: HER steht für human epidermal growth factor receptor. Der Tumor hat keine Bindestellen für die Hormone Östrogen oder Progesteron. Die Behandlung ist meist Chemotherapie oder Immuntherapie. Heilungschancen sind gut.

Ein triple-negativer Tumor: Dieser Tumor spricht weder auf Hormone an, noch verfügt er über eine Immunsensibilität. Chemotherapie ist in diesem Fall die einzige Waffe – vor einer Operation. Heilungschancen sind gut, wenn es sich um einen Tumor auf Grund des Risiko-Gens BRCA handelt.

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