Leitartikel

Richtig wütend werden

LOCKDOWN: PK KONFERENZ DER LANDESHAUPTLEUTE MIT KANZLER SCHALLENBERG UND GESUNDHEITSMINISTER MÜCKSTEIN: LUDWIG (SPÖ)/PLATTER (ÖVP)/SCHALLENBERG (ÖVP)/MÜCKSTEIN (GRÜNE)
LOCKDOWN: PK KONFERENZ DER LANDESHAUPTLEUTE MIT KANZLER SCHALLENBERG UND GESUNDHEITSMINISTER MÜCKSTEIN: LUDWIG (SPÖ)/PLATTER (ÖVP)/SCHALLENBERG (ÖVP)/MÜCKSTEIN (GRÜNE)APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Damit die Fehler-Analysen des Pandemie-Managements nicht ein kraftloses Hätti-wari bleiben, müssen auf Entschuldigungen nun Korrekturen folgen. Die Politik soll bitte keine Kurven mehr deuten.

„Nichts wird jetzt besser, wenn wir mit dem Finger auf die jeweils anderen zeigen und unsere Wut gegen sie richten“, sagt der Bundespräsident. Und er hat recht. D. h. sofern man Wut so versteht: als Zorn, der nichts anzubieten hat als sich selbst, vor allem keine echten Lösungen. Aber es gibt noch eine andere Wut. Oder um es mit Aristoteles zu sagen: „Jeder kann wütend werden . . . Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.“

Schwer, aber wichtig, damit nämlich nicht bloß geschimpft wird, sondern etwas weitergeht. Eine konstruktive Wut könnte etwa dafür sorgen, dass all die „Wie konnte es zum Lockdown kommen?“-Analysen nicht ein kraftloses Hätti-wari bleiben. Denn es ist ja schön, wenn sich nun der Reihe nach Verantwortungsträger entschuldigen. Aber schöner wäre es, sie änderten etwas. Denn bisher lief es vor den letzten Lockdowns stets so (Ausnahmen wie Wien bestätigen die Regel): Warnungen – solang bloß Zahlen auf Papier – zählten nie so richtig. Aktiv wurde man erst, wenn das Drama im echten Leben ankam. Dann stolperte man – weil (zu) spät dran – von einer Maßnahme zur nächsten. Bis es hieß: Nichts geht mehr. Realitätsverweigerung nennen das Experten. Und das ist noch wohlmeinend. Man kann auch „zynisch“ dazu sagen. Denn der lange Anlauf, den man gern mit „Vorher gehen die Leute nicht mit“ argumentiert, kostet viel und doppelt: Die Zeitverzögerung verursacht Leid, die Maximalmaßnahmen am Schluss Frust und wirtschaftliche Schäden.

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