Quergeschrieben

Im Idealfall sind Rechtsprechung und Gerechtigkeit ident

Oft wird dieser Tage die Unabhängigkeit der Justiz betont. Ein Blick in die Archive zeigt: Diese Einsicht ist immer – auch – eine Frage der parteipolitischen Perspektive.

Alle staatlichen Institutionen – auch die Justiz – wären gut beraten, Kritik nicht a priori als „böswillige Verteufelung“ zu beurteilen. Nicht jede Kritik dürfe als Anschlag auf die Unabhängigkeit der Justiz missinterpretiert werden. Er erachte die Justiz jedenfalls nicht als sakrosankt: Also sprach, nein, nicht etwa ein Kurz-Fan, der sich über türkise Chats grämt, die von der WKStA direttissimo in die Redaktionsstuben geapert sind. Sondern so reagierte im Frühjahr 1991 der damalige SPÖ-Klubobmann Willi Fuhrmann auf die Verurteilung von Ex-SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz wegen falscher Zeugenaussage. Sinowatz, dessen rot-blaue Koalitionsregierung vom Glykolwein bis zu Schmiergeldaffäre und 45-facher Kostenüberschreitung beim AKH-Bau mit handfesten Skandalen konfrontiert war, hatte angeblich in einer Sitzung der SPÖ Burgenland angekündigt, im Präsidentschaftswahlkampf rechtzeitig die „braune Vergangenheit“ des ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim aufs Tapet zu bringen (was übrigens eine längst fällige Debatte über Österreichs Nazi- und Mitläufertum anstieß und dem Opfermythos ein Ende bereitete).

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Das bezeugte jedenfalls Burgenlands (aus der Partei ausgeschlossene) Oberrote Ottilie Matysek in einem Prozess, den Sinowatz gegen den Journalisten Alfred Worm angestrengt hatte, der diesen Sinowatz-Sager publik gemacht hatte. Die gesamte burgenländische SPÖ-Spitze vom Landeshauptmann abwärts sagte zugunsten von Sinowatz aus. Doch Matysek legte dem Gericht handschriftliche Notizen vor, deren Echtheit das deutsche Bundeskriminalamt bestätigte. Letztendlich trat der Landeshauptmann des Burgenlandes zurück, Sinowatz wurde wegen falscher Beweisaussage zu einer Geldstrafe von 360.000 Schilling (circa 26.000 Euro) verurteilt.

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