Ona B.: Unterm Rock der Künstlerin

Alarmstufe Rot im Künstlerhaus. Die Wiener Künstlerin Ona B. präsentiert hier ihr hoch erotisches, ironisches und eigenwilliges Gesamtkunstwerk - sich selbst.

Einen intimeren Empfang erlebt man selten - gleich zur Begrüßung lässt Ona B. uns tief unter ihren kardi nalsroten Riesenrock blicken. Wie ein pompöser Baldachin, ein fataler Quallenschirm oder der heimelige Umhang einer höchst lasziven Schutzmantelmadonna hat die Wiener Künstlerin das ausladende Relikt-Kleid ihrer Performance "Dressed to kill" über dem Stiegenaufgang des Künstlerhauses aufgespannt.

Und jeder, der in ihre purpurne Ausstellung im Obergeschoß vordringen will, muss hier durch unterm Killer-Kleid. Nein, darf hier durch, erhält er schließlich dafür pikante Einsichten: Der Voyeur wird hier sich selbst vorgeführt. Unter dem Rock nämlich will sich so absolut nichts entblößtes, verborgenes oder sonst wie böses Genitales finden lassen. Außer einem selbst, ganz winzig auf den Stiegen darunter, mit ähnlich kleinen entblößten Erwartungen.

Ona B. kann man zwar einiges vorwerfen - die Prise zu viel Pathos, die einen hier und da stutzig werden lässt, zum Beispiel in ihren ost-westlichen Verbindungsinszenierungen, die sie etwa zusammengewickelt durch ein rotes Tuch mit ihrem Künstler-Kollegen Cang Xin auf der Chinesischen Mauer zeigen. Oder die in allen Rotschattierungen gefleckte dekorative Malerei, die sie bei einer Kunstmesse schon einmal tapetenartig wandflächendeckend auftrug.

Aber diese Schwächen sind keine Tragödien, sondern, im Gegenteil, wesentliche Teile des großen Dramas, dem Ona B. ihr künstlerisches Leben so exzessiv verschrieben hat. Gerade diese Schwankungen sind es schließlich, die ihr Gesamtkonzept aus Fotografie, Malerei, Video, Performance und Selbstdarstellung auch authentisch, glaubhaft, erlebbar machen.

Das Strahlendste an Ona B.'s umfassend sinnlicher Welt aber ist ihre Selbstironie. Geprägt von dem feministischen Aufbruch in den 70er-Jahren und ihren Auftritten im legendären einstigen Künstlerkollektiv "Die Damen" hat sie in ihren Gender-Anspielungen einen selten schrägen Humor gefunden. Über dem Bett ihres "Secret Boudoirs" pendelt etwa keck ein monumentaler Puder-Pinsel. Ihre jüngsten Ausstellungen in Asien reflektiert sie augenzwinkernd in der Fotoserie "In Bed with Mao", die sie als fadisierte Femme fatale neben Cang Xin im Ehebett lümmelnd zeigt. Ihre überdimensionalen "Eheringe" sind auf der Innenseite mit High-Heel-Stöckeln schmerzhaft präpariert. Und auf einem tragbaren Schrein prangt frech ein Lippenstift-Phallus. Was zumindest Hermann Nitsch wohl als Sakrileg empfinden würde.

Überhaupt drängt sich bei Ona B. der Vergleich mit einigen männlichen Kollegen nahezu auf, vor allem mit Yves Klein, der sich für sein Werk ebenfalls einer einzigen Farbe bemächtigt hat, des Ultramarinblaus. Ein ganz bestimmtes musste es bei ihm sein, sogar patentieren hat er es sich lassen.

Ona B. dagegen changiert innerhalb ihres Farbspektrums permanent, spielt, ja flirtet mit unseren jeweils unterschiedlichen eigenen Träumen in Rot. Auch benutzt sie nicht wie Klein nackte Frauenkörper als lebende Pinsel, sondern lässt ihren eigenen bemalen - um derart geschützt nackt als Amazone mit Pfeil und Zen-Bogen zu posieren.

Ona B. ist mit ihrer Lust am Gesamtkunstwerk eine zutiefst österreichische Künstlerin. Ihre Selbstironie dagegen findet sich bei ihren Künstlerkollegen selten derart ausgeprägt. Sie kann es sich leisten.

Bis 11. 2., Di.-So. 10-18h, Do. 10-21h.

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