Übernahme

Benkos Signa kauft Kaufhaus-Ikone Selfridges

(c) REUTERS (PETER NICHOLLS)
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Die Signa Gruppe des österreichischen Investors Rene Benko übernimmt um kolportierte vier Milliarden Pfund die bekannte britische Kaufhaushauskette gemeinsam mit der thailändischen Central Group.

Nach monatelangen Spekulationen in London, wer wohl das ikonische Kaufhaus an der Oxford Street erwerben würde, ist der Deal nun besiegelt: Die thailändische Central Group und der Immobilienkonzern Signa Holdings des österreichischen Investors René Benko haben die Selfridges Group für rund vier Milliarden Pfund gekauft. Central und Signa übernehmen jeweils 50 Prozent der Luxuswarenhausgruppe.

Laut Signa entsteht durch die Übernahme eine der führenden Kaufhausgruppen der Welt – 2019 betrug der Umsatz des kombinierten Portfolios von Signa und Central fünf Milliarden Euro, bis 2024 soll er auf über sieben Milliarden Euro wachsen. Zu den Luxuswarenhäusern der zwei Konzerne gehören bereits die KaDeWe Group, Rinascente in Italien und Globus in der Schweiz. Die Selfridges Group umfasst vier Marken und 18 Luxuswarenhäuser in Europa, darunter die Selfridges-Filialen in London, Manchester und Birmingham.

Am berühmtesten ist der Flagship-Laden an der Londoner Oxford Street, nach Harrods das größte Kaufhaus in London. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1909 gehört das protzige, fünfstöckige Gebäude mit der Säulenfassade zu den Höhepunkten jeder Luxus-Shoppingtour in der britischen Hauptstadt – und Selfridges ist bekannt dafür, im Einzelhandel immer wieder mal was Neues auszuprobieren.

Der Gründer, der US-Amerikaner Harry Gordon Selfridge, revolutionierte das Einkaufserlebnis für die Briten, zumindest jene mit dem nötigen Kleingeld: In seiner Vision sollte Shopping keine lästige Pflicht sein, sondern ein Event mit Unterhaltungswert – in den 1920er- und 30er-Jahren konnte man in Selfridges beispielsweise nicht nur zu Mittag essen und Kaffee trinken, sondern auch Minigolf spielen, zudem hatten Frauen die Gelegenheit, ihre Zielgenauigkeit in einer Schießanlage zu testen.

Heute findet man hier ein Kino und einen Skatepark, es gibt Kunstinstallationen, und in der Spielzeugabteilung steht ein riesiges, begehbares Keyboard, wie man es aus dem Tom-Hanks-Film „Big“ aus den 1980er-Jahren kennt. Berühmt sind auch die üppig eingerichteten Schaufenster-Designs, die jeweils zu Weihnachten tausende Besucher anlocken. Ach ja, heiraten kann man hier neuerdings auch.

1998 expandierte Selfridges und eröffnete zwei Filialen in Manchester, 2003 kam ein Kaufhaus in Birmingham dazu. Im gleichen Jahr wurde die Kaufhauskette vom kanadischen Unternehmer Galen Weston für knapp 600 Millionen Pfund gekauft. Weston, der kürzlich verstorben ist, legte Wert darauf, den Charakter von Selfridges als eine Art Erlebnispark beizubehalten, zudem investierten die Unternehmerfamilie in den Aufbau einer E-Commerce-Plattform. Damit hat Selfridges eine andere Strategie verfolgt als Harrods, das auf der anderen Seite des Hyde Park steht, in Knightsbridge: Harrods und seine katarischen Eigentümer setzen eher auf die klassische britische Einkaufstradition, während Selfridges immer auf der Suche nach dem neusten Kick für die Shopper ist. Er sehe seine Konkurrenz nicht in anderen Kaufhäusern, sondern in „Kinos, Restaurants und allen Orten, an denen Kunden ihre Freizeit verbringen wollen“, sagte Galen Weston einmal.

Auch ist Selfridges im Gegensatz zu Harrods noch stärker auf die einheimische Kundschaft ausgerichtet, es führt eine Mischung aus Luxus- und günstigeren Mainstream-Brands. Dennoch sind gutbetuchte Kunden aus dem Nahen und Fernen Osten in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Die Covid-Pandemie, die den Strom von Touristen zeitweise völlig zum Versiegen gebracht hat, hat den Laden an der Oxford Street denn auch schwer getroffen – so wie die gesamte Branche. Prominentestes Opfer in Großbritannien war die Warenhauskette Debenhams, die im Mai in Liquidation trat und nach über 240 Jahren alle Läden schließen musste. Selfridges steht besser da, aber Covid setzte dem Unternehmen schwer zu: Im Sommer 2020 strich es 450 Stellen, das sind rund 14 Prozent der gesamten Belegschaft – Selfridges sprach vom „schwersten Jahr“.

Dennoch geben sich die neuen Besitzer zuversichtlich. Er werde dafür sorgen, dass Selfridges eine „glänzende Zukunft für die nächsten 100 Jahre“ haben würde, sagte Tos Chirathivat, Vorsitzender von Central. Die neusten Zahlen der Taxi-Plattform Uber dürften ihn freuen: Demnach war das Kaufhaus von Januar bis November 2021 in ganz Europa die häufigste Destination für Uber-Passagiere – noch vor dem Arc de Triomphe oder dem Buckingham Palace.

(red.)

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